Drei Generationen unter einem Dach

Drei Generationen unter einem Dach

Seit fast vier Monaten leben wir nun schon mit meinen Eltern in einem Haus. Drei Generationen auf ca. 150 m² und zwei Stockwerken. Mein vorläufiges Fazit: Ich hätte nicht gedacht, dass es so gut ist!

Warum wir hier sind

Vor mehr als einem Jahr stellten wir fest, dass wir uns mit der traditionellen Familiensituation – also Mann arbeitet den ganzen Tag, Frau kümmert sich um Haushalt und betreut Kind oder arbeitet alternativ während Kind fremdbetreut wird – nicht so richtig anfreunden können. Auch wenn augenscheinlich alles gut lief, mein Mann eine steile Karriere hinlegte und mittlerweile richtig gut verdient, wollten wir mehr vom Leben. Wir wollten mehr Freiheit, mehr erleben, die Welt sehen und vor allem mehr Zeit zu dritt. Als Familie. Wir wollten beide unseren Sohn in seinen ersten, so wichtigen Lebensjahren begleiten und betreuen.

Also entschieden wir, langfristig ein ortsunabhängiges Einkommen aufzubauen und unser sicheres Leben mit Wohnung und Job zu verlassen. Zunächst wollten wir direkt von Berlin ins asiatische Ausland starten. Doch dann schlugen meine Eltern vor, einen Zwischenstop, eine Inkubationszeit sozusagen, bei ihnen zu Hause einzulegen. Sie würden uns das obere Stockwerk bewohnbar machen, das bisher nur ein einziger, großer Raum war. Nach etwas Bedenkzeit stimmten wir zu.

Und so sind wir seit Juli drei Generationen unter einem Dach.

Wenn Du mehr über unsere Pläne zum ortsunabhängigen Leben lesen möchtest, schau Dir mal unsere Kategorie dazu an!

Die Wohnsituation

Und nicht nur ein Dach teilen wir, auch die Küche, den Kühlschrank, Waschmaschine, das Badezimmer, Eingang und Garten. Das heißt, wir haben in dem oberen Stockwerk nun ein Schlafzimmer mit Familienbett, einen sehr großzügigen Wohnbereich und einen unausgebauten Teil, wo wir die Wäsche aufhängen. Meine Eltern haben dieses Haus eigentlich nur für sich gebaut. Die Wände sind deshalb hellhörig, alles ist so, dass es für ihre Bedürfnisse passt.

Nicht immer unbedingt für die eines 2-jährigen. An der Treppe haben wir oben und unten ein Treppenschutzgitter angebracht, das er jedoch mittlerweile nicht mehr braucht. Am Tisch steht ein Hochstuhl und auf dem Boden eine Kiste mit Matchboxautos. In der Küche hängt eine Schaukel und über der Badewanne ein Netz mit Badespielzeug. Der Rest des Hauses ist relativ unverändert.

Im Garten bzw. auf dem Hof gibt es dafür umso mehr kindgerechte Orte. Ein kleiner Sandkasten im Garten, ein großer Sandhaufen auf dem Hof. Dort tummeln sich alle möglichen Bagger, Laster und sonstiges Sandspielzeug, eine kleine Schubkarre, Laufrad, Fahrrad, massenhaft Dreiräder. Zur Fortbewegung steht ihm der Buggy, ein Bollerwagen, oder der Fahrradanhänger, den man zum Jogger umbauen kann, zur Verfügung. Es gibt wenig Verkehr und viel Natur. Für das Kind ein wahres Paradies.

Stresspotential?

Wenn ihr euch jetzt fragt, wie man mit den eigenen Eltern oder Schwiegereltern auf so engem Raum zusammenleben kann, so vieles teilen, ohne dass es Stress gibt – das habe ich mich vorher auch gefragt. Ich dachte, ehrlich gesagt, da beißen wir uns alle schon irgendwie durch. Um der Vorteile willen, die es für alle bringt. Der Rubbelbatz hat seine Großeltern, die ihr Enkelkind, ich meine Eltern, wir als Eltern etwas Entlastung und Zeit. Mit dem einen oder anderen Kompromiss hatte ich schon gerechnet, war aber bereit, solche einzugehen.

Und nun? Die Wahrheit ist, bisher gibt es kaum solche Kompromisse! Ich habe nicht das Bedürfnis, mich von meinen Eltern abzugrenzen oder Zeit in unserem eigenen Wohnzimmer oben zu verbringen. Wenn wir alle wach sind, halten wir uns überwiegend im unteren Stockwerk auf und es passt für alle. Der Kleine fühlt sich wohl und spielt auf dem Fußboden, während wir zusammensitzen und essen, kochen, Kaffee trinken oder was auch immer.

Meine Mama und ich teilen uns den Haushalt, das Kochen, die Wäsche. Mein Mann und ich machen einmal wöchentlich einen Großeinkauf, um uns finanziell zu beteiligen. Denn gemeinsam zu essen und alles zu organisieren macht alles so viel einfacher und macht auch viel mehr Spaß. Für alle Beteiligten.

Mich überrascht es schon etwas, dass das so funktioniert. Denn oft, wenn ich von anderen höre, die in der Nähe der Eltern oder Schwiegereltern wohnen, gibt es irgendwo Reibungsmomente, sodass einer der Beteiligten es vorzieht, gewisse Bereiche voneinander abzugrenzen. Frühstück oder Abendessen oder den Haushalt zum Beispiel. Ich jedenfalls bin gespannt, ob es weiterhin so gut läuft. Denn wie es momentan aussieht, sind wir noch bis April hier. Alle in einem Haus.

Ein großer Unterschied für mich

Der Sohn fühlt sich wohl, das ist klar. Der Mann auch sehr. Doch den größten Unterschied macht es vermutlich für mich. Zum ersten Mal seit der Geburt kann ich wirklich abschalten. Ausspannen, mal einfach gegen die Wand starren oder einen Nachmittag rumhängen. Vorher hatte ich durch die Fremdbetreuung pder Freunde auch Zeit für mich. Allerdings hatte ich innerlich immer das Gefühl, diese Zeit auch nutzen zu müssen. Weil ich entweder irgendwem das Kind “aufs Auge gedrückt” hatte oder ihn in der Kita abgegeben hatte, was für mich emotional nie die beste Lösung war (für mich – für ihn war alles super dort).

Jetzt sehe ich aus dem Fenster und kann beobachten, wie er mit seinem Opa durch den Garten zieht oder leidenschaftlich im Sand baggert. Ich weiß, dass er bei Personen ist, die ihn und sein Wesen mindestens so sehr wertschätzen wie ich und bei denen er gleichzeitig richtig gut aufgehoben ist. So konnte ich endlich mal runterkommen. Ich merke, wie viel geduldiger und liebevoller ich dadurch auch zu ihm sein kann. Beim Thema Einschlafbegleitung zum Beispiel ging ich früher regelmäßig an die Decke, weil es so lange dauerte. Heute genieße ich es meistens und wenn es mal länger dauert, dann nehme ich das hin. Immerhin hatte ich ja tagsüber Zeit für mich.

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