Der Camper und die neue Freiheit

Ja, ich weiß, ich bin spät dran. Camper sind spätestens seit Beginn der reiseeinschränkenden Corona-Maßnahmen in. Und es ist nicht so, dass ich nicht auch damals schon davon geträumt hätte. Aber damals hatte ich ein Kleinkind und dann war ich wieder schwanger und hatte wieder ein Baby. Und so bin ich eben etwas spät dran. 2025. Trotzdem haben wir uns am Wochenende nach langem Überlegen einen Camper gekauft!

Muss das denn wirklich sein?

Ja, diese Frage habe ich mir selbst lange gestellt. Meine Mama hat sie mir gestellt. Mein Mann nicht so direkt, aber gedacht hat er es bestimmt auch. Man kann sich doch einfach ein Hotelzimmer nehmen, die paar Mal, die man im Jahr wegfahren möchte. Oder ein Air-Bnb. Denn für über 30.000€ kann man sich immerhin einiges leisten. Alleine Steuer und Versicherung kosten jährlich mehrere Hotelzimmer-Nächte. 

Ja, das stimmt. Trotzdem musste es sein. Wirklich. 

Denn im besten Fall wird dieser Camper unser Familienleben umkrempeln. Im positiven Sinne. Dann ist jeder weitere Monat, den ich hin und her überlege, ob das denn wirklich sein muss, verschwendete Lebensqualität. Dann möchte ich bitte gerne jetzt wissen, wie cool ein autarkes Wohnmobil für uns ist. Und nicht erst nächstes oder übernächstes Jahr, wenn die Kinder schon immer größer werden. 

Und im schlechtesten Fall? Wenn wir den Camper nicht so nutzen können, wie ich es mir vorgestellt habe? Na, dann verkaufen wir ihn eben wieder! Ist ja kein Haus- oder Wohnungskauf, wo die Gebühren für Notar und Grundbucheintrag dann einfach weg sind. Ich bin da ziemlich entspannt.

Denn tatsächlich hatten wir vor einigen Jahren schon mal ein Großfamilien-Wohnmobil angeschafft und kein Jahr später wieder verkauft (weil meine Eltern sich getrennt haben, mein Mann Wohnmobil-Urlaube furchtbar findet und ich mich gar nicht richtig habe fahren trauen). Mit mehreren tausend Euro Gewinn. 

Der Camper

Unser oranger Blitz , unser Bose-Mobil, oder wie wir ihn auch immer nennen werden (vorher hieß er Gisbert und momentan heißt er vor allem „Wohnmobil“), ist ein Kastenwagen, ein Fiat Ducato. Baujahr 2011, 185.000 km. Der Camper-Aufbau ist von Knaus und beinhaltet eine kleine Küche mit 4 Gas-Kochstellen und einem Spülbecken, ein Bad mit Tretford-Toilette, Waschbecken und Dusche, zwei Etagen-Doppelbetten (135 cm breit) und viel eingetragenen Sitzplätzen. Zwei hinten am Tisch, zwei vorne auf drehbaren Sitzen. 

Der Camper ist durch die Aufbaubatterie und Solarzellen auf dem Dach autark, d.h. ich kann überall stehen bleiben, wo es nötig ist und habe trotzdem Strom. Das war mir wichtig. Noch hat er keine Rückfahrkamera, aber die werde ich nachrüsten. Aber auch ohne ist er relativ wendig und gut zu fahren. 

Das Fahrzeug war mit 30.990€ verhältnismäßig günstig, weil es über reichlich Macken, Kratzer und Dellen verfügt. Motor und Funktionalität sind aber einwandfrei, das Fahrzeug rostet nicht. Außen hat es eben viele Beulen und Kratzer, dafür auch einen Fahrradständer für die Fahrräder der beiden Großen. Innen gibt es zahlreiche Kleinigkeiten, z.B. klemmt die Badtür, der Kühlschrank geht bei der Fahrt auf, wenn man ihn nicht mit Panzertape zuklebt und der Tisch ist an mehreren Stellen beschädigt. Das Rollo eines Dachfensters war kaputt, ging aber schon noch irgendwie. Bei der Reparatur ist es gebrochen und geht jetzt sehr schwer zu betätigen – dafür hängen keine Schnüre mehr in den Schlafbereich der Kinder. Solche Dinge eben. 

Ein Viersitzer? 

Ja, Du hast richtig gelesen, ein Viersitzer. Und ja, mein Mann und ich haben drei Kinder und damit nach Adam Riese eine 5-köpfige Familie. Tatsächlich habe ich trotzdem absichtlich nach einem 4-Sitzer gesucht. Weil ich mit den Kindern alleine fahre, der Mann darf schön zuhause bleiben. 

Mit dem riesen Wohnmobil von damals hat er einmal ein paar Tage mit uns Urlaub gemacht und danach war klar, dass das das erste und letzte Mal war. Denn wenn ihn etwas noch mehr stresst, als mit unseren Kindern Urlaub machen, dann ist das mit unseren Kindern Urlaub auf engstem Raum machen. Aber auch sonst schlägt das Stress-Pendel bei ihm stark aus, wenn es um Wegfahren mit Kindern geht. Jahrelanger Dauer-Stress lässt grüßen. 

Konkret heißt das: Wenn ich ihn dazu „nötige“, fährt er schon mit. Aber dann ist die Stimmung für alle angespannt und oft eskaliert es, vor allem zwischen ihm und dem Ältesten. Das belastet mich persönlich mehr, als wenn die Kinder anstrengend sind. 

Deshalb habe ich für mich irgendwann entschieden, dass es anders gehen muss. Dass jedes Familienmitglied auf seine Kosten kommen soll. Auch mein Mann, der ja nichts dafür kann, dass der Rest seiner Familie gerne wegfährt. Er arbeitet Vollzeit und hilft nach der Arbeit mit Kindern, Haus und Hof. Für mich ist ein Camping-Trip ein Ausgleich, für ihn wäre es nur eine weitere Belastung. Also soll er in der Zeit tun, was ihn entspannt – das ist hauptsächlich Rennrad fahren – und wir tun, was uns entspannt. Zum Beispiel wegfahren. 

Kurztrips

Dabei ist unser Plan nicht, dass wir 2 Wochen am Stück nach Italien oder sonst wo hinfahren. Tatsächlich will ich gar nicht so weit weg, es gibt bei uns im Umkreis von 1-2 Stunden so viele Orte, die mir und den Kindern Spaß machen. Bisher bin ich mit Tagesausflügen aber zögerlich, weil mich nach einem langen Tag Autofahren sehr anstrengt. Das heißt, der Mann müsste wieder mit. Der 2-jährige würde vermutlich einschlafen, d.h. es wäre echt kniffelig, den richtigen Zeitplan zu finden. Und dann ist da noch die Essensfrage. Was man unterwegs und in Restaurants bekommt entspricht nicht unbedingt meinen Vorstellungen von Nahrung. Und auch im Restaurant ist es allein mit drei Kindern anstrengend. Mit meinen zumindest. 

Unser oranger Blitz macht das alles so viel einfacher! Wir fahren morgens oder vormittags los, verbringen den restlichen Tag am Zielort, kochen Abendessen nach unserem Geschmack, schlafen, wenn wir müde sind und fahren am nächsten Morgen nach dem Frühstück wieder nach Hause. 

Zweimal immerhin haben wir das schon ausprobiert. Das erste Mal sind wir einfach nur einen Ort weiter zum Skatepark und die Jungs haben den Nachmittag auf den Fahrrädern (und Laufrad für den 2-jährigen) verbracht. Abends waren sie echt k.o. und haben gut geschlafen. Das zweite Mal waren wir an meinem Geburtstag zu einer Hochzeit eingeladen. Als die Kleinen nicht mehr konnten, haben wir sie einfach ins Bett gebracht – und konnten selbst weiter feiern. 

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