Laut werden gegen den Hass

Hass ist ein Konzept, das mir sehr fremd ist. Ich habe nie gelernt, zu hassen und es gibt nicht einen Menschen auf dieser Erde, dem ich ein derartiges Gefühl entgegenbringen würde. Ich kann in Ansätzen nachvollziehen, wie andere Menschen das tun. Jemanden hassen. Kann manche Beweggründe verstehen, die es dafür geben mag. Andere verstehe ich weniger. Doch eines werde ich nie verstehen, und ich weigere mich auch, das zu tun: Pauschalen Hass. Wie kann ich eine ganze Bevölkerungsgruppe, alle Menschen, die zu einer bestimmten Religion, Ethnie, Kultur, Nationalität oder einer sexuellen Orientierung gehören, ablehnen?

Seit längerem beschäftigt mich die Frage, was Menschen zugestoßen sein muss, wie sie aufgewachsen sind, was falsch in der Welt läuft, um zu solch einem pauschalen Hass fähig zu sein. Denn das verrückte ist ja das: Diese Menschen leben erst einmal ein Leben wie Du und ich. Sie sind Söhne und Töchter, Eltern, Großeltern, Tagesmütter, Bedienungen oder Arbeitslose. Manchmal wirklich ganz herzliche, angenehme Menschen.

Und doch scheint in ihrem Gehirn irgendetwas anders verdrahtet als bei mir. Es scheint ihnen niemals an Mitleid zu fehlen für den Nachbarn, der seinen Job verloren hat oder den Streunerhund, der auf der Straße hungert. Für Menschen, die um ihr Leben kämpfen, dagegen schon. Für Menschen aus anderen Kulturen, die nie einen Job hatten, dafür viel Leid und Hunger und Krieg. Für Menschen, die nicht nur ihren Job verloren haben, sondern alles, was ihnen je lieb und teuer war. Ihnen bringen sie kein Mitleid, kein Verständnis, sondern Neid, Missgunst und Hass entgegen.

Nun fragt das Team der Blogfamilia, was wir Elternblogger tun. Wie wir uns engagieren gegen solche Menschen. Wie wir laut werden. Wer mich kennt, der weiß, dass ich selten politisch bin. Ich bin hauptsächlich menschlich. Ich tue mich schwer, zu glauben, dass es die Verantwortung der Politik ist, irgendwelche menschlichen Probleme zu lösen. Mehr noch, ich glaube sogar, dass das ein Problem ist, das die Politik unmöglich lösen kann. Umweltschutz kann etwas politisches sein oder der Staatshaushalt. Auch die viel kritisierte Flüchtlingspolitik mag ein Thema für Politiker sein. Aber Hass? Hass ist etwas, was uns Menschen angeht. Jeden einzelnen von uns.

Gedankengut säen

Was also tue ich für den Weltfrieden? Nicht viel, würde ich sagen. Allerdings wäre das, was ich tue, alles, würde es jeder tun. Viel von dem Hass, der in unserer Welt kursiert, ist meiner Meinung nach Gruppendynamik. Kollektives Bewusstsein. Kultur in bestimmten Subkulturen. Ist Dir schon einmal aufgefallen, wie es sich auf Deine Denkweise und Deine Weltsicht auswirkt, wenn Du Dich mit ganz anderen Menschen umgibst? Wie ein begeisterter Yogi plötzlich Dein Interesse oder gar Deine Begeisterung für Yoga wecken kann? Wie Du nach einem Nachmittag unter engagierten Tierschützer plötzlich an das Leiden denkst, das mit Deinem Steak verbunden ist, obwohl es Dir sonst nie ein Problem bereitete? Kannst Du Dir vorstellen, nach einer Weile Vegetarier zu werden, wenn Du von solchen Menschen umgeben wärst?

Genau so funktioniert es meiner Meinung auch mit Hass. Unsere Welt ist nicht schwarz und weiß. In den wenigsten Fällen gibt es eine absolute Wahrheit oder unbestreitbare Tatsachen. Unsere moderne Welt wie Du sie wahrnimmst ist ein Ergebnis Deiner Gedankenwelt. Einer Gedankenwelt, die Du zu großen Teilen den Menschen zu verdanken hast, die Dich umgeben. Den Gedanken, die sie in Dir pflanzen. Die sie gießen und kultivieren. Wenn Du etwas oft genug hörst, glaubst Du es irgendwann.

Kein Politiker der Welt könnte einen Menschen, dessen pauschaler Hass gegen jemanden entfacht ist, vom Gegenteil überzeugen. Ihm den Hass gar verbieten. Oder durch politische Maßnahmen umgehen. Nicht, solange diese Art von Denken in seinem Umfeld akzeptiert ist und täglich rückbestätigt wird.

Was bleibt mir, als einzelner Mensch, also? Was kann ich dem Hass entgegensetzen?

Liebe.

Mitleid.

Eine positive Lebenseinstellung.

Verständnis.

Ich kann positives Gedankengut säen und wachsen lassen. Das ist das einzige, was ich dem Hass entgegenzusetzen habe.

Versteh mich nicht falsch, ich weiß sehr wohl, dass dieses positive Gedankengut niemals bei dem Nazi in Chemnitz ankommen wird. Ich weiß auch, dass es den ertrinkenden Menschen im Meer nicht erreichen wird. Aber das wird auch kein Versammlungsverbot oder ein Politiker hinter seinem Stehpult.

Diese Menschen, in denen der Hass so stark ist, dass sie Taten folgen lassen, sind in meinen Augen verloren. Was ich für sie empfinde, ist großes Bedauern. Bedauern, dass sie ihr Leben verschenken. An den Hass. An die Missgunst. Ich weiß, dass sie nicht glücklich sind und es in diesem Leben auch nicht mehr werden. Sie werden nie nach Innen sehen und mit ihren eigenen Problemen arbeiten. Sie werden immer nur nach außen projizieren. Andere verantwortlich machen für ihre eigene Unzulänglichkeit. Irgendwelche anderen hassen, ohne die es ihnen selbst vermeintlich besser ginge.

Aber ich kann andere Menschen erreichen. Solche, die den Hass nicht kennen oder hinter sich lassen wollen, stärken. Anderen, die schwanken, die vielleicht noch nach dem richtigen Weg suchen, kann ich meinen zeigen. Dem entgegen stehen, dass Hass zum allgemeinen Konsens in der sie umgebenden Welt gehört. Sie davon abhalten, ihn für richtig zu halten.

Das ist meine Version vom laut werden. Nicht schweigen. Nicht gegen irgendeine Sache sein, sondern für eine andere. Für Menschlichkeit nämlich. Für Solidarität mit Menschen, die Hilfe brauchen. Für eine Lebenseinstellung, die mich voranbringt. Die mich innerlich wachsen lässt.

Dazu brauche ich mich nicht politisch engagieren. Das kann ich im Freundes- und Bekanntenkreis tun, aber auch mit Fremden im Park oder an der Supermarktkasse. Nicht schweigen. Laut werden.

 

Jetzt würde mich interessieren, welche Meinung Du zu dem Thema hast? Kennst Du Situationen, in denen Du laut werden möchtest? Tust Du es? Wenn ja, wie?


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