Früher gab es sie oft hier auf dem Blog, in den letzten Jahren sind sie selten geworden. Die Rede ist von Reiseberichten. Denn mit zwei Kindern und merkwürdigen Corona-Bestimmungen und dann drei Kindern ist das Reisen plötzlich etwas komplizierter. Und anstrengender. Vor allem der Mann hat sich darum lange gewehrt, länger als 3-4 Tage am Stück wegzufahren. Und wenn, waren es keine abenteuerlichen Reisen wie früher, sondern wir sind in ein Hotel oder Gasthaus gefahren und haben dort ein paar Tage verbracht. Nun war es aber endlich wieder so weit und wir sind verreist. So richtig mit Koffer packen, Flugzeug und allem, was dazu gehört. Das Ziel habe ich ausgesucht: York, wo ich 2009/10 ein Jahr studiert bzw. gearbeitet habe.
Herzensland England
York war bei Weitem nicht mein erster Aufenthalt in Großbritannien. Bereits als 14-jährige war ich zum ersten Mal mit einer Jugendreisegruppe in Südengland. Im Studium (Lehramt Deutsch/Englisch) folgten zwei Aufenthalte als Au-Pair und verschiedene Roadtrips durch England, Schottland, Wales und Irland. Und mit jedem Ort, den ich erkundete, verlor ich mein Herz ein wenig mehr an die ganz spezielle Art der Briten, an die kleinen schnuckeligen Häuser, das Wetter (ja, sogar das Wetter!), den Linksverkehr und alles was dazugehört. Müsste ich ein Land in Europa wählen, in dem ich leben möchte, wäre es vermutlich Großbritannien. Nordengland oder Schottland.
Nun ist mein Großer mir ziemlich ähnlich und tatsächlich interessiert er sich auch sehr für das Land, seit er in der 3. Klasse mit dem Englischunterricht begonnen hat. Im Februar waren wir ein paar Tage zu dritt in London und obwohl er ziemlich krank war, war er absolut begeistert und wollte gerne nochmal hin. Nach 8 Tagen York haben wir darum auch noch 3 Tage in London verbracht. Nun aber mal von Anfang an.
Günstige und familienfreundliche Unterkunft
Ich bin ja grundsätzlich sehr offen und experimentierfreudig und habe dieses Jahr etwas Neues für mich entdeckt: Haustausch. Home Exchange nennt sich die Plattform. Ich will dazu noch einen eigenen Bericht schreiben, nur vorab: Es ist mega! Wir haben 11 Tage lang in zwei verschiedenen Häusern gewohnt und uns dort so wohl gefühlt. Weil ich nach Tauschpartnern mit Kindern im ähnlichen Alter gesucht habe, waren die Häuser perfekt für uns. Es ging nichts kaputt und beide Parteien waren absolut zufrieden damit, wie sauber und ordentlich wir die Häuser hinterlassen haben (das war tatsächlich eine unserer größten Sorgen). Und das, ohne, dass wir die Kinder ständig ermahnen und rund um die Uhr aufpassen, dass sie nichts anstellen. Denn Häuser von Familien mit kleinen Kindern sind
a. kindersicher eingerichtet
b. ohnehin nicht blitzeblank sauber in jeder Ecke
c. voller altersgerechtem Spielzeug, sodass die Kinder gar nicht auf dumme Ideen kommen können.
Für mich und den Mann am spannendsten war, dass wir wirklich sehen konnten, wie andere Familien leben. Keine anonyme Airbnb-Wohnung oder Hotelzimmer. Real Life. Echtes Essen im Kühlschrank, authentische Möbel, Bäder, Heizung, Haustiere usw. Das wäre auch in Deutschland ein aufregendes Erlebnis, aber verbunden mit einem anderen Land noch zehnmal so spannend.
Und das Beste: Diese 11 Tage all inclusive haben für uns 169€ gekostet. 160€ sind der Jahresbeitrag für Home Exchange, damit alles versichert ist. Das heißt, wenn etwas kaputt geht, wenn es das Haus nicht gibt oder abgebrannt ist – ganz egal, die Versicherung zahlt. 9€ haben wir bezahlt, weil unsere Gastpunkte nur beinahe ausgereicht haben. Und dann hatten wir im Sommer ein paar Mal Besuch von einem sehr netten älteren Paar aus Spanien, die gegen Gastpunkte in unserer Einliegerwohnung gewohnt haben.
Die Reiseroute
Nach tagelangem Ausklügeln der besten Flüge und Fortbewegungsart in England ergab sich folgende Reiseroute:
- 17.8. Abflug vom Flughafen Salzburg. Der allerbeste Flughafen, wie sich herausstellte. Es gibt nur ein Gebäude. Vor dem Gebäude sind die Parkplätze, dahinter fliegen die Flugzeuge. Keine großen Wege, keine Terminal-Transfers, keine komplizierte Anfahrt.
- Landung in London Stansted, Transfer zur Autovermietung, 3-4 stündige Fahrt nach York, sodass wir gegen Abend dort ankommen.
- 25.8. Rückfahrt nach London Stansted, Autorückgabe, Fahrt mit den Öffentlichen zum zweiten Haus, Ankunft am Nachmittag.
- 28.8. Rückflug von London Stansted nach Salzburg.
Klingt in der Theorie total gut, oder? Leider gab es fast immer Verspätungen und Verzögerungen. In Salzburg stiegen wir zwar pünktlich ins Flugzeug, durften dann aber fast eine Stunde sitzen und warten. Irgendeine Flughafenkontrolle angeblich. Bei der Autovermietung endlich angekommen hatten die unsere Buchung storniert, weil wir nicht sofort um 10.00 Uhr aufgetaucht waren. Wir hatten ja nur eine verbindliche Buchung online gemacht?! Der Mitarbeiter hat dann ewig gebraucht und uns zugesichert, denselben Preis zu machen. Weil wir zusätzlich eine Vollkasko dazu gebucht haben und mit 3 Kindern echt im Stress waren, haben wir nicht bemerkt, dass er uns einfach mal einen fetten Batzen oben drauf berechnet hatte. Ärgerlich.
Als wir das Auto wieder zurückgegeben hatten und vom Flughafen in die Stadt wollten, waren dann alle Züge gestrichen. Busse völlig überfüllt, ewige Wartezeiten. So kamen wir in beiden Häusern weit jenseits der Schlafenszeiten an. Immerhin der Rest der Planung funktionierte einwandfrei.
York
York ist eine der touristischsten Städte in Großbritannien. Zu Recht, denn es ist wunderschön. Von der alten Wikingerstadt ist noch ein großer Teil der Stadtmauer erhalten sowie einige weitere Befestigungen, z.B. der Clifford’s Tower.
Das York Minster sowie eine malerische Innenstadt mit den berühmten Shambles (mittelalterliche Gasse, die auch als Inspiration für die Winkelgasse der Harry Potter Filme gilt.
Aber es gibt auch Parks, wo man viel weniger Trubel hat und trotzdem wunderschöne Kulissen.
Erstmal ankommen
Es war also richtig spät, als wir mit unserem Leihwagen endlich in unserem Haus in York ankamen. Vor Ort wurden wir begrüßt von der Katze der Familie, für die wir in dem Stress allerdings wenig Augen hatten. Die beiden jüngeren waren im Auto schon eingeschlafen und wurden beide wach, als wir ausstiegen. Das ist natürlich Stress pur. Eine Katze im Schlafzimmer hätte ich aber auch unabhängig davon nicht haben wollen – das fand die Katze allerdings ziemlich blöd. Die ganze Nacht kratzte und miaute sie vor der Schlafzimmertür.
Dafür wurden wir am nächsten Morgen von einem super schönen, wohnlichen Zuhause begrüßt. Wie gesagt macht es einfach so einen Unterschied, wenn man mit drei Kindern reist, ob man in einem beengten Hotelzimmer in den Tag startet oder in einem kindergerechten Haus voll Spielzeug!
Hier ein paar Eindrücke:
Die Kinder hätten von der tollen Stadt York wahrscheinlich gar nichts gebraucht. Sie wären den ganzen Tag in diesem Haus beschäftigt gewesen.
Am ersten Morgen stellten wir fest, dass wir zwei wichtige Sachen vergessen hatten:
- Mehr Pullis! Es war einfach richtig kalt, von 30°C in Deutschland auf unter 20°C in Nordengland – und ich habe pro Familienmitglied nur zwei Pullis eingepackt!
- Reiseadapter. Wir hatten vorab geklärt, dass Stecker zum Laden der Smartphones da sind – aber an das Ladegerät für die elektrischen Zahnbürsten für die Kids habe ich nicht gedacht. Online hätte so ein Ding gerade mal 1,19€ gekostet – unterwegs bedeutet das immer Rennerei und vor allem leere Zahnbürsten, bis wir den Stecker besorgt hatten!
Nach dem Frühstück bin ich erstmal nur mit dem Großen zu Fuß los, um ein wenig die Stadt zu erkunden. Am nächsten Tag waren dann alle etwas ausgeschlafener und wir gingen wir zusammen los. Einmal quer durch die Stadt, einmal Erinnerungen aufleben lassen an meine Zeit in York vor 15 Jahren.
Das Meer
An unserem dritten Tag war das Wetter zumindest schön sonnig und wir wollten das Leihauto nutzen, um ans Meer zu fahren. Der 5-jährige ist fasziniert von Robin Hood, was läge also näher als in die Robin Hood’s Bay nach Whitby zu fahren. Es war weder Badewetter noch was der Strand zum Baden gut geeignet. Trotzdem hat es den Kindern richtig gut gefallen und vor allem die Wellen, als am Nachmittag die Flut kam, fand der 5-jährige ultra spannend.
Für uns war auch der Weg dahin echt eine Wucht. Denn so weit oben ist die Landschaft in England schon richtig, richtig schön!
Der zweite Geburtstag
Am 21.8. wurde mein Kleinster 2 Jahre alt. Schon verrückt, wie die Zeit vergeht! Für diesen Tag hatten wir nicht viel geplant. Ein paar neue Autos gab es, ansonsten keine große Party oder Geschenke. Denn das hätte an Aufregung und Abwechslung nicht mehr viel Unterschied gemacht. Vormittags haben wir in Ruhe zuhause verbracht, am Nachmittag waren wir mit einem Freund von damals im Park verabredet. Natürlich hatte sich auch bei ihm in den letzten 10 Jahren (vor ziemlich genau so langer Zeit war ich das letzte Mal in York zu Besuch) viel getan. Er hat jetzt eine 3-jährige Tochter, die einfach zuckersüß ist und eine ganz tolle Ehefrau, die ich sofort ins Herz geschlossen habe. Zufällig hatten sie Kuchen dabei, sodass es immerhin Geburtstagskuchen gab.
Knaresborough
Am Tag darauf waren wir wieder ausgeruht genug für einen Ausflug: Die kleine Stadt Knaresborough mit Viaduct und Burg. Wir mieteten ein Ruderboot und konnten die Pfeiler des Viaducts aus der Nähe betrachten.
The York Maze
Schließlich hatte der Mann für die Großen noch ein Highlight: Ein Maislabyrinth mit einer Art Freizeitpark drumrum. Die drei verbrachten einen Tag dort, während ich mit dem Kleinsten alleine den Tag in York verbrachte. Immerhin die Stunde, die er auf meinem Rücken Mittagsschlaf hielt, konnte mich mal ganz für mich sein und ein wenig bummeln.
Auch ein Besuch in einem traditionellen Englischen Pub war noch drin. Hat uns allen mega gut gefallen.
Den letzten Tag verbrachten wir mit einem türkischen Frühstück bei meinen Freunden und nach 8 Tagen ging es dann auch schon wieder los Richtung London.
Abreise
Am Tag vorher hatte ich mir ein wenig Zeit genommen und geputzt. Ein paar Fenster, ein paar Türrahmen. Bestimmt nicht immer genau das, was meine Kindern vielleicht angefasst haben, aber auf jeden Fall habe ich mehr sauber gemacht, als die Kinder dreckig. Am Abreisetag hat der Mann einmal gesaugt, wir haben die Betten abgezogen und gewaschen. Und dann ging es los, natürlich nicht ohne Zwischenstop am Mittag. Dafür hatten wir uns den berühmten Sherwood Forest ausgesucht. Der Kleine durfte in der Trage schlafen und die Jungs die uralten Bäume unsicher machen.
Zu unserem Glück war genau in diesen Tagen das Robin Hood Festival und es gab mitten im Wald viel zu sehen. Mittelalterliche Musikinstrumente zum Beispiel. Oder echte Schwerter, die die Jungs halten durften.
London
Wie gesagt war auch die Ankunft in unserem zweiten Haus in London nächtlich und stressig. Trotzdem waren am nächsten Morgen alle total friedlich und ausgeglichen. Die Energie im Haus war einfach so schön, ruhig und heimelig. Die Sonne schien und es war vergleichbar warm. Während der 2-jährige noch schlief, bummelte ich mit dem 5-jährigen in einen nahen Supermarkt und wir holten ausgiebiges Frühstück, das wir dann draußen auftischten. Einfach herrlich.
Die Familie hatte diesmal auch ein Kleinkind, dadurch war das Haus wirklich perfekt ausgestattet für den 2-jährigen. Aber auch für die Großen gab es wieder so viel zu entdecken. Diese Familie waren Künstler, das merkte man gleich. Das Haus war so gemütlich und liebevoll eingerichtet, mit so viel Geschmack und Individualität. Unter der Couch im Wohnzimmer gab es eine ganze Box voll Musikinstrumente für Kinder, aber auch das Piano durften sie (vorsichtig) benutzen.
In den folgenden zwei Tagen machten wir London unsicher und trafen uns mit meiner Austauschpartnerin aus der Schule, die ich nun auch schon 16 Jahre nicht mehr gesehen hatte.
Unser absolutes Highlight: Unser Besuch im Sky Garden, einer Anlage im 37. Stock eines Hochhauses, über das der Große schon im Englischunterricht gelernt hatte. Bei unserem letzten Londonbesuch konnten wir da leider nicht hoch, weil man das 3 Wochen im Voraus online buchen muss. Diesmal hatte ich das geschafft. Fast wäre der Besuch allerdings trotzdem gescheitert, weil ich unsere Pässe im Haus hatte liegen lassen. Wir hatten aber Glück und wurden auch ohne ID durchgewunken.
Wieder nach Hause
Obwohl unser Urlaub wirklich absolut Spaß gemacht hat, und zwar ausnahmslos jedem, wuchs etwa ab der Hälfte die Vorfreude auf Zuhause. Das Fahrrad, das Pokémon Spiel, die warmen Temperaturen, das eigene Bett – jeder hatte so seine Dinge, auf die er sich am meisten freute. Wir machten also am Vortag wieder das Haus sauber, zogen am Morgen noch die Betten ab und brachen dann wirklich sehr früh Richtung Flughafen auf – in Erwartung auf neue Hindernisse und Verspätungen. Tatsächlich gab es diesmal aber keinerlei Verzögerungen und wir könnten die gesamte Reise in Ruhe und stressfrei hinter uns bringen.
In Salzburg wurden wir von meinem Papa abgeholt und zuhause angekommen waren alle einfach nur unendlich froh, wieder daheim zu sein. Denn am Ende ist es da ja doch am allerschönsten. Zumindest, solange die Kinder klein sind 😉