Manchmal bin ich morgens einfach zu müde, um aufzustehen. Wenn ich dann sehe, dass mein Mann schon fit ist und mein Sohn ebenfalls in den Tag starten möchte, liegt für mich die Lösung nahe: Die beiden sollen aufstehen und ich schlaf noch eine Runde. Leider ist das für mein Kind nicht so klar, er möchte, dass Mama aufsteht. Wenn er dieses Spielchen zu lange treibt, kann ich im übermüdeten Zustand schon mal ungemütlich werden. Neulich sagte ich ihm deshalb einfach, dass er jetzt das Bett verlassen soll. Schließlich ging er zu seinem Papa, ich drehte mich nochmal um und für mich war die Sache gegessen.
Doch am nächsten Morgen wachte der kleine Mensch auf und fragte mich ganz kleinlaut: “Muss ich jetzt aus dem Bett raus?” Nein, musste er nicht, ich konnte an diesem Morgen problemlos und gut gelaunt mit ihm aufstehen. Seine Frage gab mir trotzdem zu denken. Denn sie zeigt mir einmal mehr: Für mein Kleinikind ist das, was ich sage, die Realität. Es ist das, woran er sich orientiert, was er für richtig hält. Die Möglichkeit, dass das einfach nicht so nett war von mir und ich schlecht gelaunt, kommt in seinem Kopf nicht vor. Vielmehr versucht er, sein Verhalten nach meinem zu richten. Nach dem, was ich sage.
Und genau aus diesem Grund ist es so wichtig, dass wir Eltern unsere Kinder verteidigen. Nicht nur gegen körperliche Angriffe, sondern auch gegen verbale. Dass wir zur Löwenmama werden, wenn jemand unser Kind ungerecht behandelt oder in seiner Integrität angreift. Weil wir damit ihre Realität schaffen.
Mama hat immer Recht
Ich war glaube ich 19 Jahre alt, als mir das erste Mal Übles schwante: Ich begriff, dass meine Mama nicht immer Recht hat und auf manche Fragen einfach keine Antwort hat. Dass es Situationen in meinem Leben geben wird, die selbst sie nicht für mich lösen kann. Natürlich hatte ich auch in der Pubertät so meine Momente, in denen ich ihre Ansichten für schrecklich falsch hielt. Doch tief in mir drin hält sich bis heute dieses Gefühl, dass meine Mama es schon weiß. Wenn sie etwas sagt, dann ist es, als würde sie das direkt dem Kleinkind-Ich sagen, das seiner Mama alles glaubt und ihr blind vertraut. Mich selbst vom Gegenteil zu überzeugen, bedarf einiges an rationalen Überlegungen und Willensstärke.
Ähnlich ist es auch mit meinem Papa. Natürlich weiß ich heute, dass er vor allem bei unserer momentanen Lebensweise nicht mehr allwissend ist. Trotzdem hallt es lange nach, wenn er mit mir nicht einer Meinung ist. Ich trage das dann tage- und nächtelang mit mir herum, wälze die Gedanken und grüble, ob er nicht vielleicht doch recht hat.
Ich mach dir die Welt…
Diese rationalen Überlegungen fehlen Kindern bis zu einem gewissen Alter aber völlig. Sie vertrauen ihren Eltern und glauben, was sie von diesen hören. Es ist ihre Realität. Wenn ich meinem Sohn sage, dass er das tollste Kind auf der ganzen Welt für mich ist, dann hat er keinerlei Gründe, das anzuzweifeln. Leider trifft das genauso zu, wenn ich ihm sage, dass er ein unglaublich nerviges und ungezogenes Kind ist. Was Mama sagt, ist Realität.
Eine andere Chance haben kleine Kinder nicht, denn sie verstehen so vieles auf dieser Welt nicht. Erst durch die Augen und Erklärungen ihrer Eltern lernen sie, alles in einen Zusammenhang zu bringen – auch sich selbst. Wenn also die Eltern sagen, dass ein Kind nicht richtig ist, wie es ist, dann wird das schon stimmen. Dann glaubt ein Kind das. Das, was Mama sagt, sickert quasi direkt ins Unterbewusstsein und ins Selbstbild ein. Das Unterbewusstsein später effektiv vom Gegenteil zu überzeugen wird schwierig.
Immer auf der Seite des Kindes stehen
Was kommt nun an im Kopf Deines Kindes, wenn sich ein Außenstehender negativ äußert? Wenn jemand zum Beispiel behauptet, Dein Kind wäre unangenehm, zu laut, zu schüchtern, zu klein, zu dick, was auch immer? Dein Kind wird sich an Dir orientieren. Zu Dir aufschauen und warten, ob Du das auch denkst. Wenn Du dem zustimmst, indem Du nichts unternimmst oder Dich entschuldigst, dann hat der andere Mensch wohl recht, dann findet Mama das auch so. Dann ist er oder sie zu unangenehm, zu laut, zu schüchtern, zu klein oder zu dick.
Deshalb vergiss nie dass Du auch in diesen Momenten, in denen Du gar nichts sagst oder tust, manchmal sogar gerade in diesen, die Realität und das Selbstbewusstsein, das Selbstbild, die Selbstwahrnehmung Deines Kindes prägst. Wenn jemand in dessen Beisein sich negativ über Dein Kind äußert, dann werde zur Löwenmama. Egal, wie schüchtern oder höflich Du sonst bist, verteidige Dein Kind. Selbst, wenn es vielleicht im Unrecht ist. Lass niemals zu, dass andere Menschen das Selbstbild Deines Babys negativ prägen. Stell immer klar, dass Du hinter ihm stehst, dass er oder sie richtig ist in Mamas Augen. Und damit in seinem ganzen Wesen. Auf dieser Welt.
Hallo,
lese gerade euren Blog und fand besonders eure Namensfeierideen total klasse.
Ich finde toll, dass du dein Verhalten gegenüber Anderen und vor allem gegenüber deinem Kind immer wieder selbst reflektierst und versuchst dich best möglich zu verhalten. Gegenüber Fremden, die sich abfällig äußern, sollte man sein Kind auch auf jeden Fall beschützen. Jedoch finde ich es mindestens genauso wichtig, dass Kinder auch lernen, dass Fehler zu machen ganz natürlich und wichtig ist. Es ist auch wichtig, sich diese einzugestehen und dafür Grade zu stehen. Ich bin mir außerdem sicher, dass es gut für Kinder, wenn Erwachsene nicht so tun als wüssten sie alles. Wenn Kinder eine Frage haben, kann man doch auch sagen, dass man keinen Antwort darauf hat. Es ist ok zu sagen: “Ich weiß es nicht, aber lass es uns gemeinsam raus finden.”
Ich hoffe ich konnte bisschen zum Nachdenken anregen.
LG Ester