Einzelkind vs. Geschwisterkinder

Einzelkind oder Geschwisterkind

Ich weiß, ich weiß – ich bin gerade mal mit dem ersten Kind schwanger und stelle mir jetzt schon die Frage: Einzelkind vs. Geschwisterkind und ob noch ein Geschwisterkind hinzukommt. Ja, ich mache mir bereits Gedanken um Kind No 2 und stelle mir wie so einige die Frage: Bleibt es ein Einzelkind? Ja oder Nein?

Warum es für mich trotz recht überraschender Forschungsergebnisse zum Thema Einzelkind nicht in Frage kommt, dass mein Würmchen alleine aufwächst, will euch mal versuchen darzustellen.

Glück mit Geschwister: Vom Leben mit drei Brüdern

Als zweite von insgesamt vier Kindern musste ich mir nie Gedanken machen, wie es wohl wäre, ein Einzelkind zu sein. Ich hatte immer meinen großen Bruder, der, meist ohne dass es mir bewusst war, auf mich aufgepasst und mir Dinge beigebracht hat. Drei Jahre später war da dann auch noch mein kleiner Bruder, und dann noch einer. Somit war bei uns zu Hause immer was los, es wurde gespielt, gestritten und gelacht. Auch wenn trotzdem eigentlich immer irgendwelche Freunde von irgendwem da waren, um Gesellschaft brauchten wir uns keine Sorgen zu machen.

Rückblickend fand ich das immer toll und bin der Meinung, dass ich dadurch viel gelernt habe, was Rücksichtnahme, Teilen oder Im-Mittelpunkt-Stehen angeht. Wie soll ein Einzelkind denn lernen, dass nicht alles immer von selbst kommt und das Geld der Eltern nicht für alles reicht? Wie soll es lernen, sich durchzusetzen und sich selbst um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern, wenn die Eltern oder Großeltern immer sofort zur Stelle sind, wenn es die Aufmerksamkeit mit niemandem teilen muss?

Der beste Freund meines großen Bruders, der eigentlich auch immer bei uns war und heute noch jeden Heilig Abend bei uns vorbei kommt, war dagegen ein Einzelkind. Er hat mir oft erzählt, dass er sehr gerne ein oder mehrere Geschwister gehabt hätte und sich bei uns deshalb so wohl fühlt. Eine Ersatz-Familie quasi. Andere Schulfreundinnen von mir hatten zwar Geschwister, aber diese waren Jahre älter als sie selbst und längst von zu Hause ausgezogen. Ich konnte regelmäßig miterleben, wie sie sie im täglichen Leben vermissten.

Jetzt, wo mein Würmchen unterwegs ist, habe ich zum ersten Mal nachgedacht, wie viele Kinder ich möchte und auch recherchiert, wie das denn eigentlich ist mit den Einzelkindern.


Das Klischee vom Einzelkind

Was mich nicht überrascht hat, ist, dass die meisten Menschen ähnlich denken über die Auswirkung von Geschwistern auf die Entwicklung eines Kindes. Ja, es ist fast schon gesellschaftlich stigmatisiert, bewusst ein Einzelkind aufzuziehen. Das würden später mal alles von der Psyche her Egoisten und Asoziale, mal abgesehen davon, dass sie als Kind niemanden zum Spielen haben. Und das, obwohl laut eine Umfrage mittlerweile fast jedes 4. Kind ein Einzelkind ist.

Was mich dagegen sehr überrascht hat, ist, dass das wohl gar nicht stimmt. Studien beweisen schon seit langem, dass Einzelkinder kaum Nachteile und sogar viele Vorteile im späteren Leben haben. Weil sie sich nie um das beste Essen streiten müssen, keine Angst haben, zu kurz zu kommen, sind sie im späteren Leben tatsächlich rücksichtsvoller und kompromissbereiter. Das ist auch einer der wenigen Nachteile vom Einzelkind sein: sie sind nachgiebiger und gehen Konflikten aus dem Weg. Dafür haben Einzelkinder statistisch gesehen einen höheren IQ und auch einen besseren Abschluss. Weil sie die sozialen Kontakte mit Gleichaltrigen und Spielkameraden nicht mühelos erhalten, fällt es Einzelkindern leichter, auf andere zuzugehen und sich anzufreunden.

 

Warum also Geschwister?

Es gibt also keinen Zwang, mehr als ein Kind zu bekommen. Mein Würmchen würde nicht benachteiligt, wenn er allein bliebe. Und zugegeben, ein Kind erscheint mir schon weniger anstrengend und weniger Arbeit als zwei oder drei. Ich könnte früher wieder Vollzeit in meinen Job zurückkehren, mein Körper würde weniger beansprucht und wir hätten finanziell mehr zur Verfügung.

 

Trotzdem kommt es für mich nicht in Frage. Denn abgesehen von Studien, die eben nur nach empirisch belegbaren Faktoren fragen können, gibt es für mich etwas, was ein Einzelkind nie haben wird: Geschwister. Und die Bindung zu einem Bruder oder einer Schwester ist und bleibt etwas ganz Besonderes. Egal, wie sehr wir uns gegenseitig auf die Palme bringen können oder in der Kindheit gebracht haben, ich weiß, dass es da drei Menschen auf der Welt gibt, auf die ich mich immer verlassen kann. Auch wenn man eine Geschwisterbeziehung mal ein paar Jahre nicht hegt und pflegt, hört sie nicht auf, sie wird immer da sein. Natürlich habe ich gute Freunde, auf die ich mich ebenfalls verlassen kann, und von denen ich weiß, dass sie da sind. Aber die wenigsten kenne ich, seit ich denken kann und eine Freundschaft mit so bedingungsloser Liebe wie eine Geschwisterbeziehung hinzubekommen und aufrecht zu erhalten ist sehr selten.


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