Warum mein Kind ein Montessori-Schüler wird

Wenn mich früher jemand gefragt hat, ob ich meine Kinder eines Tages auf eine Montessori-Schule schicken würde, war meine Antwort immer eindeutig: Wenn ich irgendwie die Möglichkeit hätte, würde ich diese Form der Schule immer vorziehen. Warum und wie es nun so weit ist – lies selbst.

Warum Montessori für mich die bessere Schule ist

Ich selbst war als Kind auf einer Montessori-Schule. Meine Eltern waren damit zu der Zeit ziemliche Exoten. Spinner haben vielleicht einige gesagt. Idealisten und weltfremd die anderen. Mein Großvater zum Beispiel war froh, dass ich ein Mädchen war – in der Annahme, es sei ohnehin wichtiger, dass mein zukünftiger Mann eine gute Bildung habe, denn meine sei ja zum Scheitern verurteilt. Viele Vorurteile also.

Meine Eltern dagegen waren sich so sicher, dass sie sogar selbst an der Gründung der Schule beteiligt waren. Ich war in der allerersten Klasse, die es an dieser Schule gab. Ich kann mich noch erinnern, wie wir vor der Einschulung schon oft dort waren, um beim Herstellen der Montessori-Materialien zu helfen. Wir durften helfen, die Perlen für das Rechenmaterial aufzufädeln – oder einfach spielen, wenn uns das lieber war.

Jedenfalls bin ich heute wie damals der Meinung, dass meine Eltern das goldrichtig gemacht haben. Nicht, weil ich es auf der Regelschule hier im Ort nicht geschafft hätte oder weil es mir dort nicht gefallen hätte. Sondern, weil meine Grundschulzeit auf der Montessori-Schule geprägt war von Freude am Lernen, an der Schule, von Freizeit und Freiwilligkeit und von Selbstbestimmung. Wenn ich Mittags von der Schule nach Hause fuhr, hatte ich einen halben Tag mit Freunden und erfüllenden Tätigkeiten hinter mir und einen halben Tag voller Freizeit, mit Geschwistern oder Freunden und erfüllenden Tätigkeiten vor mir. Kein Druck, keine Hausaufgaben, keine Prüfungen, keine Noten. Und trotzdem war ich nach vier Schuljahren stofflich so weit, auf ein Gymnasium zu wechseln. Ich hatte also keinen Nachteil gegenüber anderen Schulkindern – dagegen aber viele Vorteile.

Dass ich das auch meinen eigenen Kindern ermöglichen würde, ist denke ich verständlich. Wer würde nicht die schöne Version für sein Kind vorziehen, wenn er die Sicherheit hat, dass das Resultat mindestens so gut ist?

Die einzige Frage, die ich mir diesbezüglich immer und immer wieder stelle, ist folgende: Warum, zum Teufel, müssen immer noch fast alle Kinder in diesem Land nach einem anderen Prinzip lernen? Wer, wie ich, Lehramt studiert hat oder sich auch nur ein klein wenig mit der Materie beschäftigt, der weiß, wovon ich rede. Alle Fachpersonen wissen, dass Maria Montessori, die vor mehr als 100 Jahren zu wirken begann, in so vielen Dingen Recht hatte. Wir wissen, wie wir diese Elemente in den Unterrichtsalltag einfügen könnten. Sogar der deutsche Staat hat diese Tatsache anerkannt und refinanziert Montessori-Schulen zu großen Teilen. Es ginge also. Wir wissen wie. Ja, es geht anders auch irgendwie, keine Frage. Wie bisher, auch wenn dieses Schulsystem mehr als überholt ist. Es geht. Aber es ist nur halb so schön für unsere Kinder.

Mein Sohn wird dieses Jahr eingeschult

Mein Sohn wird dieses Jahr 6 Jahre alt. Er ist schulreif. Sowas von. So schwierig auch der Alltag mit ihm für uns als Eltern manchmal ist. In Kindergarten und an Hospitationstagen in der Schule ist er vorbildlich. Weil Montessori-Schulen immer noch die Ausnahme und Privatschulen sind, ist die nächste Montessori-Schule etwa 25 km entfernt, 20 Minuten Fahrtweg. Und als wäre das nicht kompliziert genug, ist es nicht selbstverständlich, dass wir dort aufgenommen werden. Denn natürlich bin ich nicht die einzige, die begriffen hat, dass es für Kinder einen schönere und kindgerechtere Schulzeit geben kann. Ein freiwilliges Lernen nach eigenem Tempo.

Also ist die Warteliste lang und wir befinden uns seit Monaten in einem langwierigen Auswahlprozess, der sich dank Corona extra lange hinzieht. Zuerst einmal dürfen alle Geschwisterkinder und Kinder aus den angeschlossenen Montessori-Kindergärten. Und dann gibt es eine Liste an Bewerbern, die sich die Lehrkräfte erst einmal ansehen. Da müssen Infotage absolviert, Hospitationsstunden absolviert und Gespräche mit der Schulleitung geführt werden. Es müssen Kinderzeichnungen eingereicht werden und schriftliche Erklärungen von uns Eltern.

Für mich ist es das aber auf jeden Fall wert, denn die Alternative wäre eine Sprengel-Schule hier im Ort mit nicht gerade gutem Ruf. Ich hoffe also, dass wir an der Montessori-Schule angenommen werden und mein Großer bald ein Montessori-Schulkind ist.

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5 Kommentare zu „Warum mein Kind ein Montessori-Schüler wird“

  1. Liebe Hanna,

    Danke, dass Du für die Montessori-Pädagogik eine Lanze brichst. Ich finde das Konzept auch klasse und möchte, dass meine kleinen Zwillinge druckfrei die Grundschule erleben dürfen. Jetzt interessiert mich natürlich brennend, ob ihr es geschafft habt. 🙂 Wurde Dein Sohn angenommen? Läuft das Verfahren noch?

    Viele Grüße
    Ina

    1. Hallo,
      das ist eine tolle Entscheidung! Wir wurden an zwei Schulen abgelehnt (eine davon hätten wir auch nur im Notfall gewollt) und an einer tollen Schule angenommen 🙂
      Liebe Grüße
      Hanna

  2. Es sollte aus mehreren Gründen nicht flächendeckend nach Montessorri gearbeitet werden: abgesehen davon, dass Mussolini nicht aus Versehen 10 Jahre lang Ehrenmitglied bei Montessorri war, wird es ausführlich in dem Beitrag am Schluss beschrieben: Montessorri funktioniert nur für Kinder, bei denen Eltern massiv bei der Bildung und Erziehung hinterherlaufen. Es haben aber alle Kinder ein Recht auf Bildung, unabhängig vom Elternhaus und da diese alternativen Konzepte immer mehr ins staatliche Schulsystem überschwappen, lässt halt das breite Bildungsniveau immer mehr nach (also vor allem bei den Kindern, wo sich die Eltern nicht kümmern). Die ursprünglichen staatlichen Konzepte sind aus anderen Gründen verbesserungswürdig, aber Montessorri sollte kein Vorbild sein (auch nicht Jenaplan – von den Nazis entwickelt zur Senkung des allgmeinen Bildungsstandes, damit man mehr Soldaten hat und auch nicht die Waldorfschulen/ Rudolf-Steiner-Schulen, deren Konzept zur Anthroposphie gehört und damit Ideen verbreitet, dass jeder an seinem Schicksal (arm/ reich, gesund/ krank, glücklich/ missbraucht) selbst schuld ist, auch aus früheren Leben, da sonst bei Babys diese Rechnung nicht aufgeht)

    1. Liebe Catherine,
      vielen Dank für die Diskussion. Darf ich fragen, ob Du selbst Erfahrungen mit Montessorischulen hast? Oder worauf basiert Deine doch recht negative Sicht aller alternativen Schulformen? Dass Montessori auch in die staatlichen Grundschulen immer mehr Einzug hält, hat gute Gründe. Ich habe zufällig Lehramt studiert und weiß darum, dass vieles davon den neuesten didaktischen Erkenntnissen entspricht.
      Und dass es so ein Gerenne ist, an einer Montessorischule aufgenommen zu werden, liegt nicht am Konzept per se, sondern daran, dass die Plätze begehrt sind und leider privat mitfinanziert werden müssen. Würden Montessorischulen für jedermann zur Verfügung stehen, wäre das hinfällig.
      Mein Sohn ist jetzt in der 2. Klasse einer Montessorischule und ich wundere mich einmal mehr, warum irgendein Kind in einer anderen Schulform lernen muss. Denn tatsächlich lernen Kinder gerne und freiwillig, wenn man sie lässt. Egal, aus welchem sozialen Hintergrund.
      Viele Grüße,
      Hanna

      1. Hallo Hanna,
        Ich habe recht umfangreiche Erfahrungen mit den verschiedenen Schulmodellen als Schüler, als Beobachter (Bekannte, Verwandte, Projekte), als Lehrkraft (habe aber nicht Pädagogik studiert) und als jemand der nun auch in der Industrie arbeitet und die Resultate sieht und entsetzt ist. Außerdem habe ich mich viel mit Neurobiologie und Verhaltensbiologie beschäftigt.
        Die Lehrpläne werden zunehmend ausgedünnt, die Kinder sind trotzdem immer gestresster (liegt nicht nur an den pädagogischen Konzepten, sondern auch an den neuen Medien und dem damit verbundenen Mangel an Konzentration, aber die Konzepte sind auch wesentlich beteiligt) und werden somit auch immer unmündiger ins Leben entlassen.

        Und es werden trotzdem über diese Auswahlverfahren privilegierte Kinder selektiv auserwählt, sodass es so erscheint, als wenn diese Schulen zu mehr Erfolg führen. Das sind Kinder die bekommen vorgelesen, spielen oft Musikinstrumente, werden im Sport angeleitet zu Konzentration, deren Hausaufgaben werden behütet begleitet und kontrolliert, sie bekommen Lob und Aufmerksamkeit von den Eltern und Bekannten und sind oft charakterlich auch weniger rebellisch – Ja da mag diese Schulform öfters auch gut funktionieren.
        Aber bei Kindern die nicht so behütet aufwachsen, vielleicht Alleinerziehende mit 5 oder mehr Kindern, psychisch kranken Eltern, kranken/ behinderten Geschwistern, Migrationshintergrund, Gewalterfahrung, Sturköpfe und so weiter, die haben nicht die Kraft sich dann auch noch selber zu motivieren zu Themen, die ihnen schwerfallen (das schaffen die meisten Erwachsenen nicht) oder ihnen fehlt einfach die Konzentrationsfähigkeit. Außerdem können Kinder nicht einschätzen, welches Wissen warum von ihnen gebraucht werden könnte (meine Erfahrung ist, dass das auch viele Lehrer nicht können) und haben auch keinen Überblick über das was man wissen könnte – und dazu sollen sich weniger begabte Kinder oder Kinder mit Problemem durchringen können selbständig zu beschäftigen? Habe ich andere Erfahrungen gemacht bei den nicht priviligierten Kindern. Außerdem: die Projekte, die ich am Gymnasium versuchsweise als Schüler dazu hatte, endeten damit, dass im Anschluss 90% durch die Klassenarbeit gefallen waren …

        Zu bedenken ist, zudem, dass die Verstrickungen historische bzw ideologische Fakten sind und nicht einen negative Sichtweise, die ich gefühlsmäßig entwickelt habe. Und wenn solche Fakten und Verstrickungen auftreten, sollte man immer sehr genau hinterfragen, warum diese Verbindungen auftreten.
        Beste Grüße
        Catherine

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