Die ursprüngliche Familienplanung
Vor zehn Jahren sah mein Leben so aus: ich war seit 4 Jahren in einer festen Beziehung (nicht mit meinem Mann) und fing gerade an, Lehramt zu studieren. Ich wollte Lehrerin werden an einem Gymnasium in der Umgebung meines Elternhauses. Referendariat, Verbeamtung auf Lebenszeit, 3 Kinder und ein Haus. Für das Haus gegenüber vom Wohnhaus meiner Eltern hatten wir sogar schon die Pläne gezeichnet, zusammengerechnet, wie viel Geld wir hatten und angefangen, auf Bau-Messen zu gehen. Die Kinder sollten dann kommen, wenn meine Verbeamtung durch war und idealerweise das Haus fertig. Immerhin war es vorher ungünstig. Das hört sich doch mal nach Familienplanung an, oder? Gut, die Geschlechter hatten wir jetzt noch nicht festgelegt, aber irgendwo muss ja auch noch Luft nach oben sein.
Nochmal zwei Jahre später wurde mir eines Tages schlagartig klar: NEIN! Ich will das alles doch nicht! Genug vom regelmäßigen Musterleben, ich muss hier weg. Was folgte, war eine sehr schmerzhafte Trennung und wirklich harte, aber auch schöne Zeit. Ich fühlte mich gleichzeitig befreit, war aber auch wahnsinnig traurig, all das, woran ich so fest geglaubt hatte, meinen Lebens- und Familienplan, hinter mit lassen zu müssen. Jeder, der schon mal was ähnliches durchgemacht hat, weiß wahrscheinlich, wovon ich rede. Verlassen zu werden ist sicherlich schwer, aber man weiß trotzdem noch, wer man ist und wohin man möchte im Leben. Ich hatte keine Ahnung – und so driftete ich erst einmal ein paar Jahre dahin. Ohne Plan. Einzige Mission: Leben.
Neuer Plan: Kein Plan
Schließlich lernte ich meinen Mann kennen, der genauso durchs Leben driftete. Noch mehr als ich vielleicht. Und obwohl ich große Angst hatte, jemals wieder Pläne zu schmieden oder mich auf jemanden langfristig einzulassen, sind wir von da an gemeinsam gedriftet. Und das trifft es relativ gut – denn keiner von uns wusste, wohin es gehen soll, keiner hatte einen Lebensplan. Bezüglich “Familienplanung” stand für uns nur eines fest: irgendwann wollen wir eine Familie. Irgendwann. Aber nicht in dem Jahr, das ich im Ausland verbracht habe, nicht
in der Zeit meines Staatsexamens und nicht während meiner ersten Berufserfahrung. Nicht während seiner Masterarbeit und auch nicht zu seinem Berufseinstieg. Es gab immer einen Grund, das auf ein undefiniertes Später zu verschieben im Kopf, und damit waren wir beide zufrieden. Dann sind wir nach Berlin gezogen. Auch während dieser Zeit war es für uns noch schön, ohne Kinder zu sein. Wir haben die Zeit hier genossen, sind ausgegangen und haben die Stadt erkundet.
Was wir beide nicht sehen wollten oder konnten: eigentlich war der Wunsch längst da, zu dritt zu sein. Ohne Plan und ohne Vernunft war der Wunsch trotzdem in uns. Und so war ich eines Tages schwanger. Er freute sich, ich war zunächst überrumpelt und schockiert. Mittlerweile sind wir verheiratet (auch etwas, was wir ohne viel Planung innerhalb von 3 Monaten verwirklicht haben) und ich freue mich auch unglaublich, mit ihm eine Familie zu sein.
Und die weitere Planung?
Für uns ist relativ klar, dass wir kein Einzelkind wollen. Alles andere ist weiterhin noch nicht so klar. Wie viele es genau werden sollen, wo wir langfristig wohnen wollen (Bayern oder Berlin), was wir wann beruflich machen wollen, ob wir weiterhin in einer Wohnung bleiben oder eines Tages ein Haus wollen, wer letztendlich nach den ersten 1-2 Jahren bei den Kindern zu Hause bleibt und den Haushalt übernimmt, ob wir uns das vielleicht teilen, das alles können und möchten wir gar nicht planen. Es gibt so viele Unwägbarkeiten im Leben, uns selbst mit eingeschlossen. Wir sind beide keine statischen Menschen, sondern entwickeln uns. Wie kann ich heute sicher planen, was ich in 5 oder 10 Jahren möchte? Natürlich haben wir ein grobes Konzept von dem, was wir uns wünschen – aber ein fester Plan war das noch nie bei uns beiden. Mehr ein Entwurf mit der Option, täglich komplett ins Gegenteil verkehrt zu werden. Immer unter der Voraussetzung, dass es uns als Familie gut geht damit.