Wie alles begann

Wie alles begann

Heute möchte ich euch die wohl schönste Geschichte meines Lebens erzählen – wie mein Mann und ich ein Paar wurden. Mein Mann hat schon einen Beitrag geschrieben, wie wir ein Ehepaar wurden und in einem meiner älteren Beiträge konntet ihr schon mal im Schnelldurchgang lesen, wie wir ein Paar und dann Eltern wurden. Worüber ich noch nie geschrieben habe ist, wie schwer mein Mann es anfangs mit mir hatte und warum er schon nach kurzer Zeit beweisen musste, dass wir zusammen gehören und wie ohne seinen Glauben an uns alles ganz anders gekommen wäre.

 

[yellow_box]Dezember 2007[/yellow_box]

Meine erste richtige Beziehung geht nach über sieben Jahren in die Brüche. Beziehungsweise ich beende sie ohne für Außenstehende, für mich oder meinen Ex ersichtlichen Grund. Danach bin ich emotional ziemlich verquer. Ich habe große Schuldgefühle, die Trennungsphase ist sehr langwierig und schwer.

Man denkt immer, wer verlassen wird, leidet. Ich weiß nicht, wie weh das tut, das mit noch nie passiert. Aber ich bin mir sicher, ich würde es um so viel besser verkraften, als jemanden verlassen zu müssen. Zusehen, wie jemand fast vor die Hunde geht, jemand, der dir sehr viel bedeutet – aber eben nicht mehr genug. Und zu wissen, dass es deine Schuld ist.

Als wir damals, ich war 15 Jahre alt gewesen, ein Paar wurden, hatte ich noch dieses naiv-kindliche Vertrauen in die Liebe. Den Glauben, dass man jemanden findet, mit dem man den Rest seines Lebens auf Wolke sieben schwebt und dass diese Liebe nie aufhört.

Dieses Vertrauen, dass ich zu so etwas fähig wäre, ist mit dieser Erfahrung kaputt gegangen. In jedem Mann, den ich kennen lerne, sehe ich ein potentielles Problem, eine mögliche Wiederholung der Ereignisse, die zu dieser traumatischen Trennungs-Erfahrung geführt hatten. Ich will niemanden mehr in mein Leben lassen. Weil es ja ohnehin nicht klappen würde, weil ich mich ja eh wieder umentscheiden würde. Eines Tages. Denn offensichtlich kann man mir und meinen Gefühlen auf Dauer nicht trauen.

Auf diese Weise verbringe  ich erfolgreich die nächsten 1,5 Jahre damit, jeden vielversprechenden Flirt von mir fernzuhalten und mich auf nichts Festes mehr einzulassen.

Viel feiern, ein wenig studieren, kaum schlafen. Nichts ernst nehmen, vor allem mich nicht und Männer erst recht nicht.

 

[yellow_box]Februar 2009[/yellow_box]

Meine beste Freundin zieht um. In eine WG mit einem Mädchen und einem Jungen. Der I. Den lerne ich an diesem Abend auch kennen, bin aber wenig beeindruckt.

 

[yellow_box]Mai 2009[/yellow_box]

Objektiv betrachtet ist dieser Mitbewohner, der hauptsächlich zwischen seinem PC, dem Fernseher in seinem Zimmer, dem Fernseher im Wohnzimmer und dem Kühlschrank hin und her pendelt, weiterhin wenig attraktiv. Trotzdem musste ich spätestens nach der WG-Party einige Wochen vorher zugeben, dass er mich irgendwie nervös macht. Dass ich mich freue, wenn er ins Wohnzimmer kommt und sich zu uns setzt und dass ich gerne mehr Zeit mit ihm verbringen würde. Ja, ich muss vor meinen Freundinnen zugeben, ich bin verliebt. Nicht alle halten diese Gefühle für eine gute Idee. Eine meint sogar, ich hätte “etwas besseres verdient”. Ist mir völlig egal.

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich diese Gefühls-Achterbahn und keine Ahnung, was mein Gegenüber von mir hält. An meinem Geburtstag Ende Mai passiert es dann: Der erste Kuss. Wir verbringen den Rest des Abends gemeinsam und ich bin auf Wolke Sieben.

Klingt alles ganz einfach, oder? Ab da müsste doch in einer ‘normalen’ Liebesgeschichte alles gut sein, wir heiraten, bekommen Kinder und leben happily ever after?

Tja, da habt ihr nicht mit meiner verqueren Psyche gerechnet. Damit, dass ich von “Beziehung” und “Liebe” erstmal auf keinen Fall etwas hören will, kommt er die ersten Tage und Wochen aber ganz gut klar. So verbringen wir Tag für Tag die nächsten 3 Monate gemeinsam, lernen uns kennen und sind sowas von nicht zusammen!

Und dann kommt mein Auslandsaufenthalt. 11 Monate in York, UK.

 

[yellow_box]September 2009[/yellow_box]

Die Strecke nach York ist zwar nicht besonders weit oder teuer, für einen Studenten ohne festes Einkommen aber doch eine Herausforderung. Also sucht er sich einen Aushilfsjob und macht es möglich, dass wir uns schon nach 6 Wochen das erste mal in England wiedersehen.

Und obwohl wir eine tolle Zeit verbringen, platzt zum Abschied die Bombe in mir: ich kann das nicht, so lange allein sein und doch fest gebunden und überhaupt bin ich gar nicht bereit für eine Beziehung und wollte auch nie eine. Es ist also besser, er fliegt zurück und wir gehen beide unserer Wege.

Er versteht die Welt nicht mehr. Ich verstehe mich auch nicht mehr, aber die Angst ist einfach zu groß und das Vertrauen in mich zu klein. Also ist es besser so. Lieber gleich ein Schrecken mit Ende und ich mach so weiter wie vorher. Ging doch auch ganz gut.

Als er weg ist, breche ich weinend zusammen, verlasse tagelang mein Zimmer nicht und esse kaum. Meine Mitbewohner machen sich große Sorgen. Verstehen nicht, was passiert ist.

Er schreibt, dass er gut nach Hause gekommen ist. Ansonsten ist Funkstille. Obwohl ich leide, wie ein Hund, bin ich sicher, dass es die richtige Entscheidung ist.

Dann, nach knapp einer Woche, kommt ein Anruf von ihm, mit dessen Inhalt ich im Leben nicht gerechnet hätte.

Eine Liebeserklärung in Wort und Tat.

ER sagt, dass er in zwei Wochen einen neuen Flug gebucht hat. Dass er mich nicht gehen lässt weil er weiß, dass es falsch wäre und ich mir nur weiter selbst schade. Davor möchte er mich schützen. Und das hat er. Bis heute. Er macht jeden Mist mit, den ich ihm aufbürden, einfach weil er an uns glaubt.

WOW. Ich war überrumpelt, aber auch so unendlich froh. Dass er trotz meines ablehnenden Verhaltens an uns glaubt und die Stärke hat, für uns zu kämpfen, hätte ich nie für möglich gehalten.

Die nächsten zwei Wochen nutzte ich, um viel nachzudenken, Selbstfindungsbücher zu lesen und ein wenig Vertrauen zu schöpfen. Etwas in mir scheint langsam zu verstehen. Ich gehe wieder zur Uni und freue mich auf den Tag, an dem ich ihn wiedersehe.

Dann steht er wieder vor meiner Tür. Und obwohl es noch ein langer Weg sein würde, bis ich das Vertrauen in mich und die Liebe wieder ganz zurückgewinnen kann und er noch sehr oft eine ähnliche Stärke an den Tag legen muss, war das der Tag, an dem auch ich begann, darum zu kämpfen. Und ein bisschen daran zu glauben. Und es vor allem zu wollen.

 

[yellow_box]Juli 2015[/yellow_box]

Ich möchte mir nicht ausmalen, wo und vor allem wer ich heute wäre, ohne die Stärke, Geduld und Liebe, die mein Mann während meines Auslandsaufenthalts und auch danach aufgebracht hat. Er war es auch, der mich dazu bewegt hat, zwei Jahre nach der Trennung noch einmal mit meinem Ex-Freund zu sprechen und viele Dinge auszusprechen, die ich damals nicht zu sagen wagte. Ein sehr heilsames Erlebnis, denn auch er hatte eine neue Beziehung und es schien ihm sehr gut zu gehen.

Heute glaube ich wieder, dass ich mein Leben lang mit einem Mann glücklich sein kann. Mit diesem Mann. Mit ihm eine Familie gründen möchte, dass wir uns zu zweit weiter entwickeln können, zusammen wachsen und zusammen die Welt erkunden. Dass wir auch in schweren Zeiten zueinander stehen, haben wir mittlerweile beide unter Beweis gestellt – wenn ich auch etwas (sehr viel!) später als er.

Nicht zuletzt deshalb denke ich, wir sind bereit, uns in ein neues Abenteuer zu stürzen. Unser Abenteuer Familie.

 

4 Kommentare zu „Wie alles begann“

  1. Herzlichen Glückwunsch Euch beiden zur Geburt Eures Sonnenscheins!

    Alles Liebe und Gute für Euch Drei! Genießt die Kennenlernzeit ganz besonders !

    Sylvia

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