Heiratsantrag in Regensburg

Warum heiraten?

Seit ca. zwei Jahren habe ich meinen Standpunkt zum Thema Ehe immer wieder klar gemacht: während er noch sein Studium zu Ende brachte, hatte ich bereits einen gut bezahlten Job. Wir wohnten ja ohnehin zusammen und hatten ein gemeinsames Leben – doch trotz zahlreicher Versuche konnte ich ihn weder von der Steuer absetzen, noch konnte er Unterstützung beantragen. Er lebte ja in einer festen Partnerschaft und da muss man bei allen Sozialleistungen füreinander einstehen. Für mich war die Lösung also klar: auf zum Standesamt, dort eine Unterschrift ableisten und zukünftig steuerlich gemeinsam veranlagt werden. Das hätte uns monatlich mindestens 250 EUR netto eingebracht, allein durch die Änderung meiner Steuerklasse.

Klingt reichlich unromantisch als Grund für eine Ehe? Das sah er auch so – denn da hatte ich die Rechnung ohne ihn gemacht. Das wären für ihn keine Gründe, zu heiraten, wenn dann würde man so was aus Liebe machen und weil man es wirklich will, etc. etc. Aber wir liebten uns doch und ich wollte wirklich Steuern sparen! Nichts zu machen. Also habe ich vorerst aufgegeben und auf den Tag gewartet, der am 30.11.2014 kommen sollte.

 

Warum jetzt?

Ein Kind verändert alles. Wohl auch die Ansicht auf die Institution der Ehe. Alle Strukturen und Gesetzgebungen in Deutschland sind so verankert, dass für verheiratete Paare alles klar geregelt und einfach ist – unverheiratete dagegen haben viele Entscheidungen zu treffen und viel Papierkram zu erledigen. Angefangen beim Nachnamen, den das Kind tragen soll, über das Sorgerecht, Krankenversicherung bis hin zu erbrechtlichen Angelegenheiten. Auch für Beziehung und Alltag macht es durchaus einen Unterschied, ob wir verheiratet sind, oder nicht. Was ist, wenn ihm etwas passiert und im Krankenhaus nur Angehörige zu ihm dürfen? Was für Entscheidungsmöglichkeiten habe ich, wenn er nicht mehr entscheiden kann? De facto keine, obwohl ich wohl der Mensch bin, der ihn am besten kennt. Für alles brauchen wir eine Vollmacht, alles läuft auf zwei Namen…

 

Es wird ernst…

Mittlerweile leben wir in Berlin, doch an diesem Wochenende waren wir zu Besuch in Regensburg, der Stadt in der wir uns kennen und lieben gelernt haben. Samstag Abend verbrachte ich bei meiner besten Freundin und konnte mir nur schwer erklären, warum es so unglaublich wichtig war, dass ich am nächsten Tag nicht erst mittags zurückkam, sondern schon am Vormittag. Es würde ein Überraschungsgast kommen, sagte er mir. Ein Überraschungsgast? Wer sollte das denn sein? Ich hatte mich doch mit allen, die ich gerne sehen wollte, verabredet. Widerwillig und unter Protest kam ich dann doch am Sonntag Morgen zum verabredeten Treffpunkt in der Innenstadt. Es war Vorweihnachtszeit, kalt und diesig und die Stadt war fast menschenleer. Wir wollten einen kurzen Spaziergang machen, da der Überraschungsgast erst in 30 Minuten zu erwarten war. Gut gelaunt begannen wir die Runde. Doch als wir 45 Minuten später immer noch kreuz und quer durch die Stadt unterwegs waren, wurde ich langsam ungeduldig. Er wusste doch, wie schnell ich friere und dass ich mit Überraschungen nicht so gut umgehen konnte. Wo war also die Person? Warum sagte er mir nicht einfach, wohin wir wollten? Außerdem musste ich auf Toilette und hatte Hunger. Das ließ ich auch in regelmäßigen Abständen und missmutigem Ton verlautbaren. Er allerdings ließ sich nicht beirren. Kreuz und quer wanderten wir durch das kalte Regensburg, zu seiner ehemaligen Wohnung, Orten, wo wir uns im Sommer zum Picknick verabredet hatten, bekannten Plätzen und Sehenswürdigkeiten. Mit großer Ausdauer begegnete er meinen fast kindlichen Quengeleien mit romantischen Schwelgen in Erinnerungen aus unseren ersten Jahren in Regensburg.

 

ringAllmählich fing ich an, eins und eins zusammen zu zählen. Hatte darum meine beste Freundin vor einigen Wochen versucht, mit einer höchst fadenscheinigen Geschichte meine Ring-Größe in Erfahrung zu bringen? Das würde zumindest sein Verhalten, mich hier durch die Kälte zu schleppen, rechtfertigen. Schließlich gingen die Gedanken so weit, dass das die einzige Rechtfertigung für sein Verhalten war und ich ziemlich wütend sein würde, wenn der ganzen Prozedur kein Antrag folgen würde! Schließlich waren wir auf vielen Umwegen vor meiner alten WG in der Pfarrergasse angelangt. Dem Ort, wo ich über fünf Jahre vorher im Sommer auf einem Klappstuhl mit einem Bier in der Hand den Raumteiler meiner Freundin bewacht hatte, weil der beim Umzug nicht mehr ins Auto gepasst hatte. Der Ort, wo wir uns das allererste Mal gesehen hatten. Und obwohl ich ja mittlerweile fest damit rechnete, blieb mir in dem Moment, in dem er mich näher zu sich zog und fast stotterte vor Nervosität, auch fast das Herz stehen. Von der Kälte spürte ich nichts mehr und die Leute, die uns aus dem Café nebenan sehen konnten, waren mir auch gleichgültig. Als er die Frage endlich gestellt hatte, war die Antwort natürlich “ja” und ich die glücklichste Frau der Welt. Den traditionellen Klingelstreich, den wir erbost verüben, seit fremde Leute in “unserer” WG wohnen, konnten wir uns natürlich nicht verkneifen und landeten so kichern und küssend im nächsten Hauseingang…

Hier hat auch mein Verlobter seine Perspektive des Verlobungsantrags niedergeschrieben.


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