Erster Urlaub ohne Papa
Es war mal wieder so weit: ein Besuch in unserer “alten Heimat” Bayern stand an. Weil der Rubbelpapa erst vor zwei Monaten eine neue Stelle angetreten hat, konnte er diesmal leider nicht mit. Das war das erste Mal, dass wir so lange ohne ihn waren und ein wenig mulmig war mir schon vor der Bahnfahrt. Immerhin 6 Stunden ICE und 2 Stunden Regionalbahn, ohne jede Unterstützung. Als ich gebucht hatte, war ich noch ganz zuversichtlich gewesen. Immerhin ist er jetzt schon ein gutes Jahr alt und war in letzter Zeit wirklich gut gelaunt und ausgeglichen. Leider hat sich das einen Tag vor unserer Abfahrt irgendwie geändert. Er war plötzlich anhänglicher, verweigerte häufig feste Nahrung und wollte relativ häufig an die Brust, schlief wieder wahnsinnig schlecht. Ich war also schon übermüdet, als wir morgens losmachten.
Wer hat mein Kind ausgetauscht?
Und im Zug wurde es noch schlimmer. Ganz ehrlich: Ich erkannte mein Kind nicht wieder! Sonst hatte er immer einen von zwei Gründen, wenn er quengelig und weinerlich wurde: er war entweder müde, oder hatte Hunger. Gegen beides war auch unterwegs schnell Abhilfe geschaffen: ich hatte genug zu essen dabei bzw. die Brust jederzeit einsatzbereit und auch die Trage, sodass er schnell schlafen konnte. Doch diesmal war alles anders: er fing an zu weinen, ließ sich nicht hochnehmen, sondern warf sich schreiend nach hinten. In der Trage wurde alles noch schlimmer. Er steigerte sich mehr und mehr hinein und brüllte so lange, bis ich ihn wieder herausnahm. Dann beruhigte er sich und spielte eine Weile – bis alles wieder von vorne anfing. Leider zog sich dieses Verhalten auch über die nächsten Tage hin.
Zusätzlich hatte er plötzlich eine Eigenschaft entwickelt, die ich von ihm bisher nicht gekannt hatte: er hatte Angst. Panische Angst z.B. vor der Toilette im Zug, Angst wenn zu viele Menschen da waren, Angst wenn ich wegging. Er hing an mir wie eine Klette, am liebsten wollte er den ganzen Tag rumgetragen werden, so wie früher, bevor er krabbeln konnte.
Gleichzeitig war da aber natürlich nach wie vor der Entdeckerdrang und die neue Umgebung und all die aufregenden Dinge und netten Menschen. So schwebte er die komplette Zeit zwischen Spaß und Ausgelassenheit auf der einen Seite und weinerlicher Anhänglichkeit auf der anderen.
Ankunft bei den Großeltern
Bei meinen Eltern angekommen, war er zunächst einmal super gelaunt. Es war heiß und er hatte nur eine Windel an. Sofort fing er im Hof an mit den Steinchen zu spielen. Abendessen gab es, wie oft in den nächsten Tagen, im Freien. Der Rubbelbatz saß immer mit uns am Tisch – mithilfe einer Sitzerhöhung, die ich online direkt zu meinen Eltern bestellt hatte. Sie lässt sich einfach auf einen Stuhl jeder Größe schnallen und auch das Baby kann man angurten. Vorteil ist, dass das Ding sehr klein und leicht ist.
Die erste Nacht im fremden Haus war wie die letzte zu Hause: er wachte jede Stunde auf und wollte trinken, weinte und suchte nach seiner Mama. Auch die zweite Nacht war nicht viel besser. Erst in der dritten hatte er sich wieder etwas beruhigt.
Sommer ist: Wasser
Die folgende Tage genossen wir das Leben auf dem Land mit Haus und Garten: der Rubbelbatz liebte die Tatsache, dass er jederzeit von draußen nach drinnen laufen konnte, spielte mit Steinen, Gras, Vogelfutter, Gießkannen, badete viel im Planschbecken, im Froschweiher, im großen See.
Für den See hatte ich extra den Schwimmtrainer, den er zum Geburtstag bekommen hatte, mitgenommen. Dieses Ding ist total genial, weil er damit selbst “schwimmen” kann. Ich kannte als Kind nur Schwimmflügel, dafür ist er aktuell noch zu klein. In den Schwimmtrainer wird er reingeschnallt und solange er nicht aufsteht und sich nach hinten wirft, kann er nicht untergehen. Arme und Kopf sind oberhalb des Schwimmreifens, während er mit den Füßen paddeln kann. Und das hat er auch gemacht. Fröhlich und zufrieden hat er im Froschweiher seine Runden gedreht, ist immer mal wieder am Rand angestoßen und hat dann die Richtung gewechselt. Nur im großen Wasser fand er es nicht so gut, war ja auch kälter.
Im Garten hatte sein Opa eine alte Wäschewanne eingegraben, sodass der Rubbelbatz selbständig aus- und einsteigen konnte und auch zwischendurch mal planschen.
Sommer ist: frisches Obst
Sowohl ich, als auch der Kleine genossen das frische Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten: Pflaumen, Äpfel, Gurken, Tomaten, Brokkoli, Himbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren. Vor allem die Pflaumen hatten es ihm wirklich angetan. Bis zu zwei Stück davon hat er auf einmal verdrückt. Auch Wassermelone hat er in den letzten Tagen für sich entdeckt.
Familienbande
Am Wochenende gab es dann viel Zeit mit Großfamilie: seinen Urgroßeltern, meiner Tante und Onkel, Cousins und einem weiteren Kleinkind (Tochter meines Cousins). Die Kleine ist 5 Monate älter als er. Die beiden spielten total schön zusammen und alle kümmerten sich gemeinsam um die beiden.
Neue Fähigkeiten
Wer sich bei obiger Beschreibung seines Verhaltens gefragt hat, was mit dem Kind los ist – ich habe es zum Ende hin durch Zufall herausgefunden: der letzte Schub war noch nicht vorbei, sondern hatte im Gegenteil gerade seinen Höhepunkt erreicht. Die leichte Virusinfektion, die uns der aufgesuchte Kinderarzt attestierte, hat zum merkwürdigen Verhalten wohl nur einen kleinen Teil beigetragen.
Insgesamt merkte man, dass er sich seit dem letzten Mal wahnsinnig weiterentwickelt hatte. Er hat aufgehört, ständig alles in den Mund zu nehmen und runterzuwerfen. Und er versteht jetzt, wenn er etwas nicht darf, das hat mich am meisten fasziniert. Wenn ich ihm sage, dass er irgendwo nicht hingehen soll oder etwas nicht anfassen, dann versteht er das und befolgt es, wenn auch manchmal unter lautem, protesthaftem Weinen. Tolle Sache für mich: Mehr Action und mehr Wahrnehmung bedeutet auch mehr Schlafbedarf.
Nach einem zweitägigen Aufenthalt in Augsburg sind wir nun wohlbehalten wieder in Berlin angelangt – und scheinbar war ich nicht die einzige, die darüber heilfroh war. Der Rubbelpapa hat uns mit einer blitzeblank geputzten Wohnung empfangen und der Rubbelbatz ist, trotz völliger Übermüdung, total ausgeglichen und fröhlich auf- und abgelaufen und hat im Schnelldurchlauf alles bespielt, was er in die Finger bekommen konnte. Dann ist er, noch vor 18 Uhr, fast umgefallen vor Müdigkeit und wir mussten den Rest der Wiedersehensfreude auf den nächsten Tag verschieben.
Hallo Hanna,
das kommt mir so bekannt vor und das ist definitiv der schlimmste Schub von allen für uns. Er hat von jetzt auf gleich richtige Wutausbrüche, schreit schrill und laut und wirft sich auf den Boden. Auch gerne beim einkaufen. Wenn dann noch ein Nein kommt, weil ich böse Mama ihn nicht die Bohrmaschine nehmen lasse (wir sind gerade umgezogen,dann ist wirklich alles zu spät. Aber weggehen darf ich auch nicht, mehr als 30cm werden nicht toleriert.
So kennen wir ihn auch überhaupt nicht und das ist einfach nur unglaublich anstrengend. Zusätzlich drücken auch die Backenzähne durch. Ich hoffe, wir haben das alle bald überstanden.
Aber wieder ein toller Bericht, der trotz des Schubs und seiner Auswirkungen richtig schön zu lesen war.
Liebe Grüße
Verena