Stillen nach Bedarf: Der Milchjunkie und ich

stillen nach Bedarf

Immer wieder haben wir uns in den letzten Wochen von verschiedenen Hebammen und Ratschlägen verunsichern lassen, was das Stillen nach Bedarf und einen sog. “Stillrhythmus” betrifft. Auch die schnelle Gewichtszunahme und das schnelle Wachstum unseres Rubbelbatz lassen mich immer wieder nachdenklich werden. Trinkt er vielleicht doch zu viel? Mäste ich mein Kind? Hindere ich ihn vielleicht, wie die dritte Hebamme uns unterstellt hat, am Weinen, indem ich ihm die Brust in den Mund stopfe? Belastet das sein Verdauungssystem zu sehr und er bekommt Bauchschmerzen? Laugt es mich zu sehr aus und kann mich nicht richtig von der Geburt erholen?

All diese Fragen standen im Raum. Nach den letzten zwei Wochen kann ich allerdings mit ziemlicher Sicherheit sagen: NEIN. Meinem Kind und mir geht es sehr gut!

Warum uns Stillen nach Bedarf nicht schadet

Wenn er so schnell wächst, braucht er natürlich mehr Nahrung. Wie viel, weiß nur er und sein kleiner Körper. Nachts trinkt er nicht so häufig, weil er ja schläft, aber auch hier variiert die Häufigkeit sehr stark. Während er teils bis zu 6 Stunden durchschläft, wacht er in anderen Nächten alle 1-2 Stunden auf und trinkt eine ungeheure Menge. Genauso ist es tagsüber. Mal ist er wahnsinnig hungrig, mal interessiert ihn die Brust gar nicht so groß bzw. er trinkt nur ein paar Züge und ist dann zufrieden. Ich habe ehrlich gesagt auch nicht jeden Tag zur selben Zeit denselben Hunger – es gibt Tage, an denen esse ich sehr wenig und an anderen bin ich eigentlich nur am überlegen, was ich als nächstes essen könnte. Ich würde nicht wollen, dass mir da jemand irgendeinen Rhythmus aufzwingt. Und bei meinem Kind möchte ich das auch nicht. Stillen nach Bedarf schien mir von Anfang an das natürlichste und bis mich jemand darauf hingewiesen hat, habe ich diese Praxis auch nicht in Frage gestellt.

In den letzten 1-2 Wochen ist unser Kleiner wahnsinnig ausgeglichen und schreit insgesamt sehr wenig. Natürlich wird er manchmal quengelig oder “mault” ein bisschen, was sich ähnlich anhört wie weinen. Aber er scheint kein Grundbedürfnis danach zu haben, mal so richtig zu brüllen. Das macht er nur, wenn es ihm wirklich an etwas fehlt oder er vom Tag sehr überreizt ist. Meistens hilft es, ihn ein wenig zu tragen, dann hört er schnell wieder auf. Wenn wir merken, dass er müde ist, kommt er ins Tragetuch und schläft dort innerhalb von Minuten zufrieden ein. Im Bett dauert es mindestens eine halbe Stunde bis Stunde, in der er viel schreit und weint. Oft er möchte eben die Brust, um sich zu beruhigen und einschlafen zu können, das schafft er nämlich alleine nur sehr, sehr selten. Soll ich ihn dann schreien lassen, damit er irgendwann vor Erschöpfung einschläft, wenn es auch so viel einfacher geht für ihn und uns? Das kommt für mich nicht in Frage. Solange wir ihm helfen, einzuschlafen, wenn er müde wird, ist er zufrieden und glücklich und wacht danach freudestrahlend und gut gelaunt wieder auf.

Die Bauchschmerzen und Blähungen sind bei ihm schon seit einiger Zeit von selbst verschwunden. Spätestens, seitdem wir ihn für das große Geschäft immer abhalten, läuft das wie am Schnürchen. Er scheint sich pudelwohl zu fühlen dabei, es scheint fast, als macht ihm das Töpfchen so richtig Spaß. Auch sonst ist er kerngesund und wächst, wie gesagt, wahnsinnig schnell. Ich kann also nicht erkennen, wo ihn die Milch zu sehr belastet.

Benjamin

Und damit, dass wir ein sehr großes und schweres Kind haben, muss ich mich wohl endgültig anfreunden. Das ist natürlich wirklich anstrengend für unseren Rücken und Muskulatur, andererseits gibt es doch nichts besseres, als ein gesundes und robustes Kind. Und aufhalten kann man Wachstum ohnehin nur schwer. Und immerhin entwickelt er sich auch genauso schnell, scheint jeden Tag etwas neues dazu zu lernen. Heute hat er z.B. – in seinem neuen Stramper für Kinder mit 9 Monaten (!? an der Größenangabe kann was nicht stimmen?!) – den ersten Semi-Erfolgreichen Versuch unternommen, sich auf den Bauch zu drehen. Nur mit dem Arm klappt es noch nicht so ganz, da musste ich, nachdem er wirklich lange versucht hat und der Ärger zu groß wurde, nachhelfen. Auch was seine motorische Koordination betrifft und die Lautentwicklung macht er wahnsinnige Fortschritte.

Was mich betrifft, mein Schneller-fit-nach-der-Geburt-Programm läuft ja noch, darüber berichte ich nach insgesamt 3 Monaten (die LaVita-Kur verspricht mir, ein “neuer Mensch” zu sein nach 3 Monaten), aber mein Zustand hat sich schon wahnsinnig verbessert. Trotz häufigem Stillen.

Stillen nach Bedarf – die Nachteile

Wie oft der Rubbelbatz nun letztendlich trinkt? Das ist ganz unberechenbar. 1-2 Stunden hält er mittlerweile schon fast immer durch zwischen den Mahlzeiten. Allerdings kann es auch mal vorkommen, dass er schon nach 30 Minuten nochmal Hunger hat, wenn er z.B. vorher lange geschlafen hat. Länger als 2 Stunden hält er tagsüber selten durch.

Das ist zu Hause gar kein Problem, hier habe ich ja jederzeit die Möglichkeit, ihn zu stillen. Problematisch wird es nur dann, wenn wir unterwegs sind. Wie die Suche nach einem geeigneten Stillplatz in der Großstadt in Stress ausarten kann, beschreibt Florian von Großstadtküste ganz gut. “Von einem Stillen zum Nächsten” – wobei er noch das Glück hat, dass seine Tochter tatsächlich einen 3-Stunden-Rhythmus einhält. Unser Milchjunkie will eigentlich immer trinken, sobald er wach wird. Ob er vorher 3 Stunden oder 15 Minuten geschlafen hat, ist ihm dabei egal. Nach der Milch ist vor der Milch. Verständlich, er weiß ja nichts von Zeit und so ein Babyschlaf kann angeblich ganz schön beunruhigend sein, weil sie vieles im Schlaf verarbeiten. Dann lieber schnell mal an die sichere Brust.

Und selbst wenn ein geeigneter Ort vorhanden ist, bei Freunden zu Hause z.B., unterbricht es doch immer die Unterhaltung, wenn ich mich mal kurz Richtung Couch aus dem Staub mache, um dem Kleinen seine extra Portion Milch zu verabreichen.

Im Prinzip kann ich nie länger als eine oder zwei Stunden von dem Kleinen getrennt sein. Und das geht auch nur, wenn sein Papa mit ihm im Tragesack ununterbrochen in Bewegung ist.

Zum Glück gibt es mittlerweile echt super Hilfsmittel für diese Probleme. Letzte Woche habe ich z.B. bei einer Bekannten gesehen, wie sie ihren Sohn im Tragetuch (Sling) im Stehen/Gehen stillt. Keine Suche nach dem geeigneten Ort, kein Fragen von arabischen Restaurantbesitzern, ob das Stillen dort stört – einfach ein kurzer Griff ins Tragetuch und das Problem ist gelöst. Auch das Bäuerchen machen die Kleinen da ganz von selbst.

Ich besitze außerdem eine sog. Still-Stola, auch bekannt als Stillvorhang: Sie kann getragen werden, wie eine normale Stola, wie ein Schal oder auf verschiedene andere Arten. Und im Ernstfall dient sie als zuverlässiger Sichtschutz

Und dann gibt es natürlich die gute alte Milchpumpe. Wir haben eine manuelle – das dauert ewig, was abzupumpen, aber immerhin kann dann auch der Rubbelpapa mal eine Mahlzeit übernehmen. Theoretisch. Denn tatsächlich machen wir das nur sehr selten – nur wenn es nicht anders geht.


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3 Kommentare zu „Stillen nach Bedarf: Der Milchjunkie und ich“

  1. Ich finde auch, dass man keinen Rhythmus vorgeben kann. Aber ich bin schnell von dem ständigen Brust geben wenn das Baby nur mal quengelt weggekommen, da ich durch das viele Stillen (anfangs dann auch gut uns gernw alle 30-60 Minuten) einfach Schmerzen hatte. Wir haben uns dann für einen Schnuller entschieden und können die kleine dann auch so im Arm mit Schnulli beruhigen. Wenn sie wirklich Hunger hat hilft auch der Schnulli nicht und eine Saugverwirrung habe ich auch noch nicht feststellen können. Aber Recht hast du: Unberechenbar sind die kleinen Racker was ihren Hunger angeht. Durch die alternative Beruhigungsmethode Schnulli kommen wir jetzt aber immerhin auf Zeitfenster von 2-4 Stunden und meine Brüste haben Zeit sich zu erholen 😉

  2. Ihr macht das schon richtig. Windelfrei, viel tragen und nach Bedarf stillen sowie nicht schreien lassen sind meiner Meinung nach die wichtigsten Punkte bei einem Baby. Das kann natürlich Phasenweise anstrengend sein, ist es aber egal welchen Weg ihr geht sowieso.
    Ich hatte eine Trage von “FräuleinHübsch” und in dieser konnte ich, wenn ich die Gurte etwas gelockert habe, super stillen. Das hab ich überall unterwegs gemacht ohne das es Jemand bemerkte. Ich hab mir aber ehrlich gesagt auch nie etwas dabei gedacht in der Öffentlichkeit zu stillen.
    Auch nach Bedarf stillen war von Anfang an unsere Devise. In den ersten Wochen hat das ca. 1,5h gedauert bis unser Sohn satt war und nur ca. 2 Stunden angehalten. Ziemlich lange hatte ich einen maximalen Stillabstand von 4 Stunden, meistens weniger. Bis auf einige Momente war das aber Ok für mich.
    Es gibt von Meleda eine super tolle elektrische Pumpe. Aber unter 1 Jahr auch eine kostenfreie aus der Apotheke zum ausleihen. Der Kinderarzt oder die Hebamme (weiss nicht mehr wer von beiden) kann euch da ein Rezept für schreiben.
    Unser Sohn war dafür bis heute (er ist jetzt 4) nie krank. Genau 4 mal erkältet, aber ohne Fieber oder etwas ernsteres. Ich schreibe das durchaus dem vielen Stillen zu. Ebenso dem späten Impfen, aber das ist dann das nächste Thema für euch. 😉
    Das viele tragen hat auch ganz tolle Vorteile, die sich nicht nur in der Bindung zu den Eltern sondern auch in der Kraft des Kindes und seinen späteren motorischen Fähigkeiten zeigen.
    Ein großes Kind zu tragen ist anstrengend für die Mutter, aber mit der richtigen Trage machbar. (Wir hatten mit 4 Wochen 5,4kg und mit 4 Monaten 8,3kg, usw.) Hat bei mir zu hammer Oberarmen und Rückenmuskulatur geführt. Das schafft kein Fitnessprogramm. Regelmäßig tragen ist da der Schlüssel zum Erfolg.
    Abschließend möchte ich noch sagen, dass ihr eurem Gefühl trauen sollt und euren eigenen Weg gehen musst. Denn das ist dann auch der Richtige für eure Familie. Alles Gute weiterhin.

  3. Das mit den “guten” ratschlägen kommt mir bekannt vor. Unser kinderarzt (bei dem wir übrigens nur 1x waren) hatte uns damals geraten, unsere maus nur alle 3 stunden zu stillen, da es für mich einfacher sei und sie einen rythmus rein bekäme. ein kind vor hunger schreien lassen ist also besser als ein ausgeglichenes und zufriedenes baby. Schon merkwürdige tipps die wohlgemerkt meist von männern kommen die null ahnung haben. Wir haben nach bedarf gestillt so oft sie eben wollte. Mittlerweilen ist sie 9 monate und hat sich alleine abgestillt und ich vermisse es sogar.

    Alles gute euch 3 😉

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