Inhaltlich auf jeden Fall eine klasse Einführung, um seine eigenen Ansichten zur Kindererziehung zu reflektieren. Auf der anderen Seite allerdings empfinde ich Stil und Argumentationsart ein wenig zu “amerikanisch”, stupide und aufzeigend.
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“Das Attachment Parenting Buch – Babys pflegen und verstehen” von William und Martha Sears
Unser Baby war längst bei uns und instinktiv haben wir nichts anderes praktiziert, als das, was William Sears “Attachment Parenting” nennt. Erst im Nachhinein haben wir festgestellt, dass es für unsere Art, mit unserem Baby umzugehen, einen Namen gibt. Genauso ging es mir auch beim Lesen des deutschen “Attachment Parenting Buches” (Originaltitel: The Attachment Parenting Book: A Commonsense Guide to Understanding and Nurturing Your Baby). Alles, was Sears in seinem Buch beschreibt und argumentiert, entspricht unserer Meinung nach eigentlich dem gesunden Menschenverstand bzw. dem elterlichen Instinkt. Wer aufhört, Dinge mit seinem Baby zu tun, “weil man sie eben so tut” und stattdessen auf sein Herz und seine innere Stimme hört, der kommt meistens automatisch zu den grundlegenden Elementen des Attachment Parenting. William Sears nennt sie Baby B’s, weil im Englischen alle mit einem ‘B’ beginnen:
- Birth Bonding: Bonding bei der Geburt
- Breastfeeding: Stillen
- Babywaring: Babytragen
- Bed Sharing: Gemeinsames Schlafen
- Belief in Baby’s Cries: Glaube an die Signalwirkung des Weinens
- Beware of Baby Trainers: Vorsicht vor Babytrainern
- Balance and Boundaries: Gleichgewicht und Grenzen
Nach einer kurzen allgemeinen Einführung, was Attachment Parenting ist bzw. nicht ist und warum diese “Methode” besser ist, als die herkömmlichen Erziehungselemente, geht er auf diese sieben Baby B’s jeweils sehr ausführlich ein. Am Ende geht er außerdem noch auf Attachment Parenting bei Vätern, arbeitenden Eltern und Eltern in besonderen Situationen ein.
Bei Interesse kann man auch unserem Blog die Ansichten vom Rubbelpapa im Beitrag “Bindungsorientierte Erziehung aus Papa-Sicht” nachlesen.
Generationskonflikt durch Attachment Parenting
Wie gesagt waren für uns die meisten Vorgehensweisen und Elemente des Attachment Parenting instinktiv klar. Das große “Problem”, auf das Eltern wie wir stoßen: Gegenmeinungen aus älteren Generationen bzw. von Eltern, die ihr Kind auf herkömmliche Weise groß ziehen möchten. Aus irgendeinem Grund können manche von ihnen es schwer ertragen, wenn jemand sein Baby “verwöhnt” und deshalb bald einen richtigen kleinen Teufel zu Hause haben wird. Für Eltern ist es manchmal schwer zu akzeptieren, dass das eigene Kind als Elternteil andere Wege geht. Erst kürzlich hat mir eine schwangere Freundin erzählt, dass vieles, was sie für ihr Baby tun möchte, bei ihrer Mutter auf großes Unverständnis stößt. Wenn sie z.B. keinen Badezusatz verwenden möchte, weil man heutzutage weiß, dass das vor allem für Babys mit empfindlicher Haut nicht gut ist, versteht die Mutter folgendes: “Du hast damals Badezusätze verwendet und deshalb hatte ich Probleme mit meiner Haut.” Wenn die jüngere Generation einen anderen Erziehungsweg einschlägt, fassen viele aus der Elterngeneration das anscheinend als Kritik an ihrer eigenen Erziehung auf. Deshalb wird oft sehr vehement und emotional der alte Stil verteidigt. Auch ich durfte mir schon von fremden Frauen anhören, dass ich mein Kind nicht tragen, sondern auch weinend im Kinderwagen lassen solle.
Was das alles mit dem “Attachment Parenting Buch” zu tun hat?
Auch wenn ich in dem Buch nicht viel Neues im Bezug auf den Umgang mit meinem Sohn gelernt habe, so hat es mir doch eine argumentative Grundlage gegeben und vieles, was ich nur instinktiv getan habe, auch bewusst gemacht. Ich kann mir vorstellen, dass es vielen Eltern hilft, Verhaltensweisen zu reflektieren, die sie einfach von den eigenen Eltern übernommen haben, um dann eigene Entscheidungen zu treffen.
William Sears schafft es als Arzt und Vater geschickt, seine Argumente aus einer Mischung wissenschaftlicher Fakten und gesundem Menschenverstand zu schaffen.
Minuspunkte gesammelt hat das “Attachment Parenting Buch” einzig in der Art und Weise, wie es geschrieben ist. Es handelt sich um eine deutsche Übersetzung aus dem Amerikanischen und das merkt man doch sehr stark. Obwohl vor Babytrainern eindringlich gewarnt wird, hört sich auch das “Attachment Parenting Buch” stark an wie einer dieser amerikanischen Quacksalber, der einen durch gebetsartiges Wiederholen derselben Sachverhalte und plakative Beispiele sowie rhetorische Fragen zu überzeugen versucht. Für mich als Absolventin der Deutschen Philologie klingt dieser Schreibstil einfältig und wenig abwechslungsreich. Das ist allerdings Geschmacksache. Für jeden, der an diesem Punkt ein Auge zudrücken kann, ist das “Attachment Parenting Buch” aber auf jeden Fall empfehlenswert.
Hallo aus der Omawelt, ich bin ( nur zur Klarstellung) fast 70 Jahre alt und in meiner Generation waren wir so modern, dass es keinen Kinderwagen gab. Alle unsere 5 Kinder sind getragen, gestillt und niemals allein oder gar schreien lassen worden. Mdas hätten wir niemals übers Herz gebracht. All unsere Kinder stehen sehr gut im Leben und haben selber Kinder. Eine meiner Töchter fragte mal eine Freundin ob sie denn gerne allein schlafen würde. Als das verneint wurde, hat sie nur gesagt: aber deinem Kind willst du das antun. Ich bin stolz auf sie und alle meine genauso denkenden Kinder und auch Schwiegerkinder. Die haben es zum Teil erst von ihren Partnern gelernt. Zu meiner Zeit als Mutter war es zumindest bei meinen Freunden normal, wir hatten nur unsere Elterngeneration zu ignorieren.